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Rede fur denselben.
sich als ein Kebsweib den entflammten Begier¬
den eines Beherrschers zu unterwerffen wei¬
gert; da sie seine rechtmaͤßige Gemahlinn nicht
seyn kann. Cato konnte freylich seiner ange¬
bornen, und durch die Stoischen Lehrsaze be¬
staͤrkten Großmuth, unmoͤglich so sehr verges¬
sen, daß er sich als ein Sklave dem Cesar un¬
terwerffen sollte; da er sein Freund und Mit-
burger nicht mehr seyn konnte. Er hatte kein
Mittel wissen muͤssen, das seine edle Seele in
die Freyheit sezen konnte.
Man sucht zu einer stolzen Rede die Wor=
te des Cato zu machen, daß er, und nicht
Cesar, überwunden haͤtte, weil nur bey der
gerechten Sache ein wahrhaftiger Ueberwinder
wäre. So hätten aber auch vielleicht die gro߬
muthigen und zuversichtlichen Vorrükungen, so
die Märtyrer ihren Tyrannen gethan haben,
und die bey den Truͤbsalen trostreiche Verheis¬
sungen des Sieges und der Krone, so uns die
heiligen Schriftsteller geben, mißgedeutet wer¬
den konnen.
Ein unerlaubter Eigensinn ist gemeiniglich
mit dem Hochmuthe verpaaret, und deswegen
soll er auch an der misfälligen Handlung des
Cato schuld seyn. Sollte man sich aber allhier
des Ausspruches jenes Römischen Statthalters
nicht erinnern, kraft dessen er die von ihm für
ganz unsträflich erkannte Christen nur deswe=
gen zu verurtheilen pflegte, weil sie eigensinnig
darauf bestunden, daß sie Christen waͤren? Sie
woll=
Max-Planck-Institut für
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