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Rede wider den Cato.
durch sein Ansehen gehindert; gute befördert;
und denjenigen, den er fuͤr einen Wüterich
hielt, in einen Vater des Vaterlandes ver¬
wandelt hatte?
Schändlicher Ehrgeiz, der in geschmink¬
ten Lastern Ruhm suchet! verwerfliche Gro߬
muth, die aus Zaghaftigkeit und Verzweiflung
entsteht! verdammliche Standhaftigkeit, die sich
den Schluͤssen des ewigen Verhaͤngnisses wi¬
dersetzet, sich in die Zeit nicht schiken kann, son¬
dern die ganze Welt nach ihrem Kopfe regie¬
ren, und ihren Eigensinn zur Richtschnur aller
Begebenheiten machen will! Ich kann es dir
nicht vergeben, scharfsinniger Seneca, daß du
mit deinen Lobspruchen auf diesen Cato so ver¬
schwenderisch gewesen bist. Was Virgil, Ho¬
raz, Lucan geschrieben haben, das ruͤhrt mich
gar nicht. Sie waren Poeten, und pflegten
oft aus Leichtsinnigkeit etwas zu erheben. Du
aber, der du ein Weltweiser, das ist, ein bil¬
liger und gerechter Richter seyn willst, hast dich
arger, als sie alle, vergangen. Dein eigner
Tod dünkt mich weit was groͤssers, weit was
edlers, standhafters und heldenmuͤthigers in
sich zu fassen. Du stirbst als ein wahrhafter
Weiser, auf Befehl dessen, der dir zu gebie=
ten hatte. Du murrest nicht uͤber den Tod,
du suchest ihn aber auch nicht zu beschleunigen.
Du fleuchst nicht dein Ende, aber du stüͤrzest
dich auch selber nicht ins Unglük. Du siehst
ruhig und gelassen die Purpurtropfen aus dei¬
nen Adern quellen, und das Leben vor dem
Tode
Max-Planck-Institut für