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Allein eine noch ausgedehntere Beschränkung oder
gar eine Aufhebung der letztwilligen Dispositions-Befug¬
niß in dieser Verordnung zu finden, ist durchaus kein
Grund vorhanden. Wörtlich ist dieselbe nicht ausgespro¬
chen, obwohl die Aufhebung eines so wichtigen Rechtes
gewiß eine wörtliche Erwähnung erwarten ließe. Die
ratio legis aber, nämlich die Erhaltung der Stätten,
fordert nur eine Respectirung der doppelten Portion des
Anerben, ohne daß aus ihr irgend eine weitere Be¬
schränkung der testamenti factio activa des Colonen
hervorginge.
Ja, wäre diese Portion in einem Testamente nicht
salvirt, so würde deßhalb noch keine Ungültigkeit dessel¬
ben anzunehmen sein, sondern der Anerbe müßte eben so,
als wenn der abgehenden Kinder Pflichttheil, dessen Be¬
rechnung indeß unstreitig das in der Verordnung enthal¬
tene Intestaterbrecht zum Grunde zu legen ist, verletzt ist,
ad supplendum klagen.
Hiernach würde dem Colonen einer freien Stätte
nach wie vor das Recht, letztwillig zu disponiren, zuste¬
hen, nur die Pflichttheile der abgehenden Kinder und die
doppelte Portion des Anerben müßte er gehörig beachten,
damit der Gültigkeit seiner Disposition nichts im Wege
stehe.
Ergiebt sich diese Auffassung der Verordnung von
1797 schon aus ihrer Fassung und aus ihrem Geiste, so
findet sie noch eine Bestätigung in dem rechtlichen Zu¬
stande der eigenbehörigen Stätten. Dieser wird durch
die Verordnung von 1768 festgesetzt. In dieser Bezie¬
hung heißt es:
„so sollen dieselben (abgehenden Kinder der eige¬
„nen Stätten) in dem Falle, da beide leibliche El¬
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