475
nate vor der Niederkunft die Schwangerschaft schon bedeu¬
tend sichtbar gewesen.
Das Großh. Hofgericht erkannte sie der verheimlichten
Schwangerschaft und Niederkunft für schuldig, das Ober¬
hofgericht erklärte sie für klagfrei; und zwar auf den Grund
weil nach Str.=Ed. §. 62, vergl. mit §. 61 die Pflicht zur
Anzeige der Schwangerschaft erst mit dem Anfange des 7.
Monats eintrete, gegen die Inculpatin aber nicht erwiesen
sey, daß sie erst nach dieser Frist und nicht, wie sie behaup¬
tet, schon im Lauf des 5. Monats niedergekommen sey.
Die Minorität des Senats war übrigens für Bestäti¬
gung des hofgerichtlichen Urtheils, weil sie in den angeführ¬
ten Stellen des Str.=Ed. eine Bestimmung, daß die Pflicht
zur Anzeige erst mit dem 7. Monat beginne, nicht finden
konnte; vielmehr diese Pflicht der Natur der Sache nach
mit dem Moment als beginnend ansah, wo die heimlich Nie¬
dergekommene sich ihrer Schwangerschaft bewußt wird; in¬
dem von diesem Augenblick an das Unterlassen der Anzeige
und das Verläugnen auf Zuredestellung den Begriff der wis¬
sentlichen Verheimlichung ausmacht. Den Umstand, daß die
Lebensfähigkeit der Leibesfrucht nicht gewiß ist, hielt die Mi¬
norität für einen vom Hofgericht hinreichend gewürdigten
Milderungsgrund, während die Majorität erachtete, daß
der Schutz des Gesetzes im §. 62 des Str.=Ed. nur lebens¬
fähigen Geburten gewährt werden wollte, daß solches daher
auf völlig unreife Geburten keine Anwendung finde, und
daß, wenn die Unreife der Geburt in Gewißheit gesetzt wäre,
gar keine gerichtlich strafbare That vorliegen würde.
D. Red.
Max-Planck-Institut für