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In Untersuchungssachen gegen N. Ratzel wegen ver¬
heimlichter Schwangerschaft und Niederkunft.
II. Senat 1846.
Die Angeschuldigte hatte ihre Schwangerschaft gegen ihre
Mutter und andere Verwandte beharrlich verläugnet und
eben so ihre nachherige Niederkunft; später und insbesondere
nachdem eine ärztliche Besichtigung solche außer Zweifel ge¬
setzt hatte, gestand sie dieselbe, versicherte aber beharrlich,
daß es eine völlig unreife Geburt gewesen, mit der sie erst
fünf Monate schwanger ging und von der sie in Folge ei¬
nes Falls überrascht wurde.
Die Frucht will sie im Dung verscharrt haben, wo sie
nicht gefunden wurde.
Nach verschiedenen Zeugenaussagen wäre jedoch 5 Mo¬
76 des Strafedicts bemessen. Der Streit darüber, ob der
dritte Diebstahl als ein gemeiner zu betrachten sey oder
nicht, ist übrigens vor noch nicht langer Zeit anläßlich der
Frage über die bei den qualificirten Diebstählen der 6§. 83
bis 86 zu erkennende Quart so erschöpfend geführt und mit
so entschiedenem Sieg der verneinenden Behauptung und zwar
in beiden oberhofgerichtlichen Senaten (Jahrb. VII. 403) been¬
digt worden, daß man kaum an die Erneuerung desselben noch
am Ende dieser Gesetzgebung hätte denken sollen. (Die Lite¬
ratur über diesen Streit findet sich in den Annalen II.,214, IX.,
145, ferner in den Jahrbüchern VII., 52—62, 401—413.) Will
man nicht auch hier wieder von der, wie ich glaube, mit Recht
zur Geltung gelangten Ansicht, welche den dritten Diebstahl nicht
als einen gemeinen betrachtet, abgehen, so dürfte es die Kon¬
sequenz fordern, auch bei Anwendung des §. 48 zur gleichen
Ansicht zurückzukehren. Von welchem praktischen Interesse
hier die Meinungsverschiedenheit ist, ergibt sich daraus, daß
im obigen Falle der Inculpat von der Majorität zu 4 Jahren
Zuchthaus verurtheilt wurde, während der Antrag des Refe¬
renten (bei vorhandener Uebereinstimmung mit der Majori¬
tat in den andern Punkten) einschließlich der Markenberech¬
nung und der Erschwerungsgründe auf 1 Jahr 9 Monate
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Zuchthaus ging.
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