237
gerichtlicher Beschlüsse genießen nur in sofern volle Beweis¬
kraft, als sie in der gesetzlichen Form abgefaßt sind und
nicht Umstände vorliegen, welche die Glaubwürdigkeit des
Ausstellers der Urkunde erschüttern.
Der letztere Fall ist insbesondere da vorhanden, wo der¬
jenige, an welchen die Zustellung geschah, die Wahrheit des
Datums bestreitet und der darauf auch nur dienstpolizeilich kon¬
stituirte Gerichtsbote (P. O. §. 454) entweder die Unrichtig¬
keit der fraglichen Beurkundung, oder im Allgemeinen eine
mangelhafte, der Gewißheit der Zustellungszeit Abtrag thuende,
D. Red.
Verfahrensweise zugesteht.
L. R.S. 1438 und P. O. §. 1242 a.
(II. Sen. Grässer gegen Witschger, Erbtheilungsstreit betr.)
Der Kläger ist der Tochtermann des Beklagten; der
Letztere stand mit seiner Ehefrau in gesetzlicher Güterge¬
meinschaft, und auf den Tod seiner Ehefrau hat derselbe, bei
der Verlassenschafts=Auseinandersetzung, seiner an den Kläger
verehelichten Tochter einen Vorempfang von 918 fl. aufge¬
rechnet, indem er behauptete, daß er derselben bei ihrer Ver¬
ehelichung mit dem Kläger verschiedene Fahrnißgegenstände
von diesem Werth auf Abschlag ihres bereits anerfallenen
mütterlichen Vermögens gegeben habe.
Der Kläger, dessen Ehefrau zur Zeit der Auseinander¬
setzung der Witschger'schen Ehegemeinschaft auch verstorben
war, gestand nur den Empfang von 293 fl., leugnete jedoch, daß
solche Leistung auf Abschlag des mütterlichen Vermögens
geschehen sei, und nahm für sich die Regel des L.R.S. 1438
in Anspruch, wornach die fragliche Ausstattung zur Hälfte
als vom Vater und zur Hälfte als aus dem mütterlichen
Gemeinschaftsantheil geleistet zu erachten sei.
Der Unterrichter sowohl als der Kläger ging von der
Ansicht aus, daß der L.R.S. 1438 anwendbar sei, gleichviel
ob zur Zeit der Ausstattung eines gemeinschaftlichen Kindes
Max-Planck-Institut für