235
jährung aus der besondern Natur dieses Instituts, welches
wesentlich darauf beruht, daß die Dauer eines gewissen Verhält¬
nisses, eine über Gedenken, also über alle nähere Bestimmung
lange Zeit bestehe, und aus seinem Entwicklungsgange hervor.
Während hinsichtlich der Verjährung mit bestimmter Zeit
in Doktrin und Praxis von dem Alter der Zeugen in jener
Weise keine Rede war, wurde bei der Immemorialpräskrip¬
tion die Frage vorangestellt: wie alt müssen hier die Zeu¬
gen sein, damit die Dauer eines faktischen Zustandes, dessen
Anfang ihnen nicht denkt, eine unvordenklich lange genannt
werden könne? und ohne allen direkten Anhalt in gesetz¬
lichen Bestimmungen konstruirte man die Antwort in der
Weise: die Zeugen müßten wenigstens so alt sein, um über
eine längere Zeit als die der längsten bestimmten Verjährung
aus eigener Wahrnehmung aussagen zu können; weil denn
doch die unvordenkliche Verjährung einen in etwas längeren
Besitz als die längste denkliche oder bestimmte, erfordern
müsse, und da man die in L. 3 §. 5, L. 19 §. 1, D. 22 5, und
einigen andern Stellen hinsichtlich der Unmündigkeit der Zeugen
gegebene Vorschrift gemeinhin dahin auslegte, daß der Zeuge
zur Zeit der Wahrnehmung schon mündig gewesen sein müsse*
so forderte man nach der am allgemeinsten angenommenen
Meinung ein Alter von mehr als 54 Jahren **), welche
Praxis denn für Baden, unter Beschränkung auf nur 54
Jahre, durch die mehrberührte Verordnung von 1803 be¬
stätigt wurde.
Auf diesem Wege, und da unsere Verordnung nicht
allein die Theorie, daß Zeugen nur über das nach erlangter
Mündigkeit Wahrgenommene aussagen sollen, billigt, sondern
überdies aus dem ausdrücklich angeführten Grunde ein Alter
von 54 Jahren festsetzt, weil das Zeugniß aus eigener
Wahrnehmung über einen Zeitraum von 40 Jah¬
*) Ueber die entgegengesetzte Auslegung vergl. Martin Lehrbuch
§. 182 N. F., Bayer Vortr. S. 346 und P. O. §. 507 Abs. 3.
**) Vergl. Thibaut über Besitz und Verjährung II. §. 80.
Max-Planck-Institut für