Full text: Jahrbücher des Großherzoglich Badischen Oberhofgerichts (N.F. Jg. 9 = Jg. 16. 1845/46 (1847))

nicht ausreichen sollten. In diesem letzteren Falle, welchen 
das Gesetz in mehrfacher Beziehung mit Vorbedacht (v. Weiler 
Motive S. 34 Ziffer 2. und S. 45. lit. b.) von dem ersteren 
unterscheidet (z. B. in den §§. 576 und 588) fehlt nun aber 
gerade Dasjenige, was dort für die Zuläßigkeit der Anticipa¬ 
tion so deutlich spricht, nämlich die indirect ausgesprochene 
Absicht des Beweispflichtigen, auf jede eigentliche Beweis¬ 
führung verzichten und Alles dem Gewissen des Gegners 
überlassen zu wollen, und es ist daher sehr erklärlich, daß 
weder der §. 249 noch der §. 576 der Pr.=O. die anticipa¬ 
tive Zuschiebung eines blos eventuellen Eides für zuläßig 
erklärt.*) 
Wollte man indessen selbst über diesen Punkt noch Zwei¬ 
fel hegen, so haben die vorderen Gerichte 
zu 2. jedenfalls das geeignete Verfahren nicht einge¬ 
halten. Im Falle einer zuläßigen Beweisanticipation hängt 
es von dem Ermessen des Richters ab, ob er über die vor¬ 
Ein Votant nahm an, daß wenn auch nicht die in erster In¬ 
stanz geschehene Beweisanticipation (weil sie nicht sogleich 
mit der Klage vollzogen wurde), doch die in zweiter Instanz 
anticipativ wiederholte eventuelle Eideszuschiebung einen Ver¬ 
zicht des Probanten auf sein Recht ein Beweiserkenntniß ab¬ 
zuwarten in sich schließe, und daß der Probat diesem Ver¬ 
zicht durch sein Schweigen beigetreten sei, diesen daher aller¬ 
dings die Folge der Eidesverweigerung treffen müsse. Man 
hielt indessen entgegen, daß nach den Grundsätzen, welche die 
Pr.=O. in den §§. 396 ff. aufstelle und welche nach dem Obi¬ 
gen auch für die zweite Instanz gelten, die Beweisanticipation 
den Verzicht auf eine Beweisauflage gerade nicht zur Folge 
haben solle, vielmehr derselben ungeachtet ein Beweiserkennt¬ 
niß erlassen werden müsse, wenn nicht der anticipirte Beweis 
des Klägers die volle richterliche Ueberzeugung von der 
Wahrheit des thatsächlichen Vortrags desselben liefere und diese 
Ueberzeugung nicht durch den Gegenbeweis des Beklagten, zu 
welchem dieser aufzufordern sei, erschüttert werde, oder wenn 
der Beklagte nicht seiner Seits anticipando einen vollständigen 
Gegenbeweis liefere, was natürlich Alles auch vom anticipirten 
Br. 
Beweis der Einreden u. s. w. gelte. 
Max-Planck-Institut für
	        
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