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daß eine ähnliche Anticipation, z. B. mit andern
Urkunden, bereits in erster Instanz geschehen
war oder nicht;
b) in Ansehung der in zweiter Instanz vorgetra¬
genen neuen Thatsachen ebenfalls anticipative
neue Beweise vorzuschlagen,
in den Fällen a ß und b jedoch nur dann, wenn die Be¬
weismittel von der Beschaffenheit sind, daß sie sich über¬
haupt zur Geltendmachung im Weg der Anticipation eignen.
Aehnlich verhält es sich mit der im §. 1218 dem Appel¬
laten eingeräumten Wohlthat, Beweismittel in der Vernehm¬
lassung geltend zu machen.
Demnach war hier sowohl in erster als zweiter Instanz nur
der angetretene Urkundenbeweis zur Anticipation geeignet, die
eventuelle Eideszuschiebung dagegen nicht, und es erscheint daher
der beklagte Theil schon darum beschwert, weil seine Verurthei¬
lung lediglich auf den Grund der letzteren beziehungsweise
der versäumten Erklärung über die Annahme des zuge¬
schobenen Eides ausgesprochen worden ist. Zwar findet
nach §. 575 der Pr.=O. die Eidesdelation in jeder Lage des
Prozesses statt, woraus gefolgert werden darf, daß sie auch
ohne vorausgegangenes Beweiserkenntniß in jedem beliebigen
Schriftsatze geschehen kann. Allein dieser §. handelt offen¬
bar nur von dem Falle, wo der Eid für sich allein und
zwar weniger als Beweismittel als statt Beweisführung
benutzt, und dabei der Sache nach von dem Deferenten er¬
klärt wird, daß er andere eigentliche Beweismittel nicht
habe oder sich solcher nicht bedienen, vielmehr den Streit le¬
diglich von der Eidesleistung abhängig machen wolle.
Anders verhält es sich dagegen, wenn die Eideszuschiebung
mit andern Beweismitteln, und zwar, wie das Gesetz (§.
576 der Pr.=O.) selbst gebietet, nur eventuell cumulirt wird,
der Deferent also keineswegs den Ausgang des Streits auf
die Eidesleistung allein zu stellen beabsichtigt, solche vielmehr
nur für den Fall verlangt, daß seine sonstigen Beweise
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