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ihn nicht der Dienst des Staats in eine sol¬
che Provinz berufen werde: so haben Wir aus
Allerhöchst eigener Bewegung verordnet, daß
künftighin bei den Prüfungen der Rechtskan¬
didaten darauf mit gesehen werden solle, ob
ein solcher Kandidat fähig sei, das Lateinische
auch in mündlichen Unterredungen zu verste¬
hen, und sich darin mit einiger Fertigkeit und
Leichtigkeit auszudrücken.
Wir befehlen Euch daher in Gnaden, Eure
Examina auf diesen Gegenstand künftig mit
zu richten, und keinem Kandidaten das Zeug¬
niß der Brauchbarkeit zu ertheilen, wenn sich
finden sollte, daß er diese dem Gelehrten und
dem Geschäftsmanne gleich unentbehrliche Spra=
che vernachläßiget habe.
Eben so nehmen wir höchst ungern wahr,
daß die jungen Rechtsbeflissenen sich immer
mehr auf das handwerksmäßige Erlernen des
bloßen bürgerlichen Privatrechts einschränken;
sich damit begnügen, wenn sie einen Vorrath
von Definitionen und Lehrsätzen, die zu die¬
sem gehören, dem Gedächtnisse anvertraut ha¬
ben, und wohl gar der Meinung sind, daß das
Lesen oder höchstens das Auswendiglernen der
am meisten praktischen Titel des allgem. Land¬
rechts schon hinreichend sei, einen brauchbaren
Preussischen Rechtsgelehrten zu bilden.
Da es aber von selbst in die Augen leuch¬
tet, daß das Landrecht, nicht richtig verstan¬
Max-Planck-Institut für