220
Civilprozeßordnung. X. Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.
§. 867. (§. 808 des Entw.)
Die Aufhebung des Schiedsspruchs kann beantragt werden:
1) wenn das Verfahren unzulässig war;
2) wenn der Schiedsspruch eine Partei zu einer Handlung
verurtheilt, deren Vornahme verboten ist;
3) wenn die Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift
der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozeßführ
ung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
4) wenn der Partei in dem Verfahren das rechtliche Gehör
nicht gewährt war;
5) wenn der Schiedsspruch nicht mit Gründen versehen ist;
6) wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen in
den Fällen der Nr. 1—6 des §. 543 die Restitutionsklage
stattfindet.
Die Aufhebung des Schiedsspruchs findet aus den unter
Nr. 4, 5 erwähnten Gründen nicht statt, wenn die Parteien ein
Anderes vereinbart haben.
Motive: „Der Schiedsspruch erledigt materiell den Rechtsstreit in
ähnlicher Weise wie ein von einem Gerichte erlassenes, rechtskräftig gewor
denes Urtheil. Der §. 807 legt daher in Uebereinstimmung mit der bayer.
Proz.=Ordn. Art. 1337, dem preuß. Entw. §. 1377 und dem nordd. Entw.
§. 1171 dem Schiedsspruche unter den Parteien die Wirkungen eines rechts
kräftigen gerichtlichen Urtheils bei (nordd. Prot. V S. 2235).
„Von diesem Standpunkte aus rechtfertigt es sich, daß der §. 808
Nr. 3 und 6 den Schiedsspruch aus denselben Gründen für anfechtbar er
klärt, aus welchen die Nichtigkeitsklage und die Restitutionsklage (§§. 518,
519) stattfinden. Nur mußte einerseits der Anfechtungsgrund des §. 518
Nr. 1 in Wegfall kommen, da ein Ausschluß von Schiedsrichtern kraft Ge
setzes nicht anerkannt ist, andererseits konnte der Anfechtungsgrund §. 519
Nr. 7 nicht berücksichtigt werden, da die Aufhebung des Schiedsspruchs
wegen aufgefundener Urkunden eine Beurtheilung der streitig gewesenen
Rechtssache, mithin eine Wiederholung des Rechtsstreits vor den Staats
gerichten erfordern würde, ein Ergebniß, welches mit dem Willen der Par
teien, daß ihre Differenz durch Schiedsrichter entschieden werden solle, in
unlösbaren Widerspruch treten müßte. Der Entwurf durfte indessen bei
diesen Anfechtungsgründen nicht stehen bleiben. Die Richtigkeit der Ent
scheidung in der Sache selbst muß in Frage gestellt werden können, wenn