Full text: Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz (2)

544 Civilprozeßordnung. VI. Ehesachen und Entmündigungssachen. 
schrift des Gesetzes lautet kategorisch und ist jus publicum. Ebenso gewiß 
scheint mir, daß die unzulässiger Weise erhobene Widerklage abzuweisen ist. 
Wie aber, wenn z. B. eine Nichtigkeitsklage mit einer Ehescheidungsklage 
von demselben Kläger erhoben ist? 
Muß hier die verbundene Klage als solche abgewiesen werden oder ist 
das Gericht befugt, wie Petersen (a. a. O. S. 476 und Bd. I zu §. 256 
Nr. V S. 164) annimmt, Trennung der Prozesse zu verfügen? Mir scheint 
die Abweisung nothwendig zu sein. Denn das Trennungsrecht nach §. 136 
Abs. 1 setzt selbstverständlich voraus, daß die in einer Klage verbundenen 
Ansprüche an sich zulässiger Weise verbunden sind (vgl. auch oben 
sub a). Wo aber die Zulässigkeit der Verbindung fehlt, da ist das 
Gericht nicht befugt, ex officio durch Trennung den prozessualen Fehler des 
Klägers unschädlich zu machen. 
3) Zu §. 576: 
Im Entwurf war auch die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens 
genannt. Weil aber Bedenken dagegen angeregt wurden, daß der Ehegatte, wel 
cher mit der Scheidungsklage abgewiesen worden ist, nicht solle auf Herstellung 
des ehelichen Lebens klagen können, anderseits die Meinung aufgestellt wurde, 
daß solche Klage dennoch zulässig sei, so beschloß die Justizkommission, die 
Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens aus dem Texte des Paragraphen 
zu streichen (Komm.=Prot. S. 291, 292, 601, 602). Demnach kann nach 
Abweisung der Ehescheidungs= oder Ungültigkeitsklage eine Thatsache als 
selbstständiger Klagegrund für die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens 
auch dann benutzt werden, wenn diese Thatsache in dem Scheidungs= oder 
Ungültigkeitsprozesse oder durch Verbindung der Herstellungsklage hätte gel 
tend gemacht werden können. Ebenso kann die abgewiesene Herstellungs 
klage auf Grund von Thatsachen erneuert werden, deren Geltendmachung 
im früheren Verfahren möglich war. Endlich kann der mit der Herstellungs 
klage abgewiesene Kläger Thatsachen, die er durch Verbindung mit der Ungül 
tigkeits- oder Scheidungsklage oder in dem Verfahren über die Herstellungs 
klage hätte vorbringen können, nachträglich zur Begründung einer der beiden 
ersteren Klagen geltend machen. 
Im Uebrigen können die Thatsachen, deren Geltendmachung in der durch 
§. 576 bezeichneten Weise möglich war, nach Abweisung der Ungiltigkeits 
oder Scheidungsklage nicht als selbstständiger Klaggrund geltend gemacht 
werden (ähnlich Art. 673 der bayer. CPO.). Zur Unterstützung anderer 
neuer Klagegründe können sie dagegen wohl verwendet werden (Komm. 
Prot. S. 601, 602). Als ein neuer Klagegrund ist es zu erachten, wenn 
die Verlassung des Klägers Seitens des Beklagten zwar schon zur Zeit des
	        
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