Full text: Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz (2)

Wiederaufnahme des Verfahrens. §. 549. 
der Verurtheilung schon längst vorher wegen Todes des Delinquenten un 
zweifelhaft feststehen kann. 
3) Auch wenn die Partei Kenntniß von dem Anfechtungsgrunde hat, 
beginnt der Fristverlauf nicht, so lange das anzufechtende Urtheil nicht die 
Rechtskraft erlangt hat. Dieser Satz gilt ganz ausnahmslos. Eine An 
frage des Abg. Hauck in der Justizkommission, ob die Rechtskraft des 
Urtheils den Beginn der Frist auch in den Fällen bedinge, wo die Partei 
den Nichtigkeitsgrund durch Revision gemäß §. 513 Ziff. 2 und 5 hätte 
geltend machen können, die Geltendmachung aber unterlassen hat, wurde 
von Direktor v. Amsberg ohne Widerspruch bejaht (Komm.=Prot. S. 279, 
280; vgl. Nr. 5). 
4) Die Frist von fünf Jahren (der Entwurf hatte zehn Jahre in 
Uebereinstimmung mit der bayer. Pr.=O. Art. 773, der hannover'schen Pr.=O. 
§. 447 und der württemb. Pr.=O. Art. 758 festgesetzt) ist absolute Prä 
klusivfrist, d. h. nach ihrem Ablauf sind die Wiederaufnahmsklagen unzu 
lässig ohne Rücksicht auf die Hindernisse, welche ihrer Erhebung entgegen 
standen. Deßhalb bezeichnen sie die Motive (a. a. O.) und die Kommis 
sionsprotokolle (S. 279) nicht genau als „Verjährungsfrist". Keinesfalls 
ist sie eine Nothfrist, wie L. Seuffert (a. a. O. §. 549 Nr. 1) in di 
rektem Widerspruch mit §. 201 Abs. 3 annimmt (s. auch Struckmann 
Koch a. a. O. 1. Aufl. §. 549 Nr. 3; Fitting im Archiv für die civil. 
Pr. Bd. 61 [N. F. Bd. 11] S. 417 ff.; Petersen, Kommentar zur 
CPO. II. Bd. S. 435 Anm. 2). Eine ganz analoge Fristbestimmung 
findet sich in §. 212 Abs. 3, von der auch Seuffert nicht behauptet, daß 
sie Nothfrist sei. 
Ueber die Frage, ob diese Frist durch Parteivereinbarung verlängert 
werden könne, s. oben zu §. 212 Nr. 4 Abth. I S. 585. 
Puchelt (a. a. O. Abth. II S. 401 Nr. 5) bemerkt, daß die fünf 
jährige Frist durch die Aussetzung des Verfahrens nicht berührt werde; dieß 
ist nur insofern richtig, aber auch gleichgiltig, als die Aussetzung des Ver 
fahrens gar niemals für die Wiederaufnahmeklagen in Frage kommen kann. 
Denn ihre erste Voraussetzung ist ein rechtskräftiges Endurtheil, also 
ein geschlossenes Verfahren. Sollte mit jener Bemerkung aber gesagt 
sein, daß die erhobene Wiederaufnahmeklage unstatthaft werde, wenn die 
fünfjährige Frist während einer nach der Klagerhebung eintretenden Aus 
setzung des Verfahrens ablaufe, so wäre dieß entschieden unrichtig. Denn 
nur die Erhebung der Klagen ist nach Ablauf der fünfjährigen Frist un 
statthaft. 
5) Hinsichtlich des Abs. 2 ist vor Allem hervorzuheben, daß derselbe 
sehr ungenau redigirt ist. Der erste Satz „die Vorschriften .... An¬
	        
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