Full text: Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz (2)

Civilprozeßordnung. III. Buch. Rechtsmittel. 
452 
3) Zu §. 516: 
a) Motive: „Die Freiheit und Unbeschränktheit der Würdigung zum 
Zwecke der Aufhebung eines auf Verletzung des Gesetzes beruhenden Ur 
theils wird durch die Vorschriften über das Verfahren gesichert. Entsprechend 
den bei der Berufung eingehaltenen Grundsätzen, auf deren Darlegung hier 
verwiesen werden kann, ist für die wirksame Einlegung der Revision eine 
Begründung derselben in dem zuzustellenden Schriftsatze nicht erforderlich. 
Die zur Begründung des zu stellenden Antrags auf Aufhebung des Ur 
theils beizufügende Rüge der stattgehabten Gesetzesverletzung ist ebenso wie 
die Anzeige des zu stellenden Antrags nur vorbereitender Natur (§. 492 
= 516); sie kann ohne Nachtheil für den Erfolg des Rechtsmittels unter 
bleiben und bei der mündlichen Verhandlung geändert oder ergänzt werden. 
In der Natur der Sache liegt es, daß die Partei, um den Erfolg des 
Rechtsmittels zu sichern, den Punkt, an welchem das Urtheil angreifbar ist, 
aufsuchen und bei der mündlichen Verhandlung hervorheben wird. Sie 
kann dies ohne jede Schranke ausführen und eine vollständige Erörterung 
der Sache, für welche auch das Gericht zu sorgen hat, wird dahin führen, 
daß keine Gesetzesverletzung, welche dem Urtheil zu Grunde liegt, unerörtert 
bleibt. Es genügt aber der Vortrag des Sachverhältnisses mit dem darauf 
gestützten Antrage, um jede wirklich vorliegende Gesetzesverletzung zur Ent 
scheidung des Richters zu bringen: eine bestimmte Formulirung der angeb 
lich verletzten Rechtsnormen ist nicht erforderlich. Deshalb ist es nur that 
sächlich richtig, zu sagen, daß die Gesetzesverletzung, welche die Aufhebung 
des Urtheils begründet, von der Partei gerügt wird. Rechtlich ist die 
Aufhebung des Urtheils von einer ausdrücklichen Rüge eben so unabhängig, 
wie es die Zurückweisung der Revision von einer besseren Begründung des 
angefochtenen Urtheils durch den Revisionsbeklagten ist, immer vorausgesetzt 
den Vortrag des Sachverhältnisses durch die Parteien. 
„Eine Einschränkung dieser Grundsätze liegt nicht darin, daß Verletz 
ungen von Vorschriften des Verfahrens der ausdrücklichen Rüge bedürfen, 
wenn das Revisionsgericht faktisch in die Lage gesetzt werden soll, dieselben 
zu berücksichtigen. Dies hat vielmehr seinen Grund in der vorgesehenen 
Heilung solcher Verletzungen (§. 497) und außerdem darin, daß manche 
Verletzungen dieser Art durch Thatsachen begründet werden müssen, welche 
nur zum Nachweise der Verletzung Bedeutung haben und ohne die Rüge 
der Verletzung nicht verständlich sind. 
„Der §. 492 (= 516) behandelt den Inhalt der Revisionsschrift ge 
sondert für die verschiedenen Richtungen, welche die Begründung der Revi 
sionsanträge einschlagen kann.
	        
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