II. Abschn. Revision. §§. 511, 512.
443
halb der allgemeinen Reichszuständigkeit begriffenen Gesetze nicht ver
standen".
Nachdem hierauf Direktor von Amsberg erwidert hatte:
„Die von Reichswegen für Elsaß=Lothringen erlassenen Landesgesetze
seien keine Reichsgesetze im Sinne dieses Paragraphen. Die Reichsgesetze,
welche als solche für Elsaß=Lothringen erlassen worden, seien im Reichs
gesetzblatte, die Landesgesetze im Gesetzblatte für Elsaß=Lothringen pu
blizirt"
zog Dr. Bähr seinen Antrag zurück (Komm.=Prot. S. 263).
Landesgesetze für Elsaß=Lothringen werden im Wege der Reichsgesetz
gebung erlassen auf Grund des Gesetzes vom 2. Mai 1877 §. 2, RGBl.
S. 491.
2) „Reichsgesetze“ sind alle von den gesetzgebenden Faktoren des Reichs
für das Reich erlassenen Gesetze, auch wenn einzelne Theile des Reichs von
deren Geltung eximirt sind (z. B. Bayern von dem Gesetze über die ver
tragsmäßigen Zinsen vom 14. November 1867).
Auch die Gesetze des Norddeutschen Bundes sind Reichsgesetze, sofern
sie nach Gründung des Reichs als Reichsgesetze publizirt wurden.
3) Die Verletzung von „Reichsgesetzen“ begründet Revision auch für
den Fall, daß sich der Geltungsbereich derselben nicht über den Sprengel
eines Oberlandesgerichts hinaus erstrecken sollte.
§. 512. (§. 488 des Entw.)
Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht
richtig angewendet worden ist.
Motive: „Der Ausdruck „Rechtsnorm“ (§. 488) ist gewählt,
um einerseits die Annahme auszuschließen, daß die Revision, wie die Nich
tigkeitsbeschwerde des preuß. Rechts, auf die Verletzung von Rechtsgrund
sätzen habe beschränkt sein sollen, und andererseits klar zu stellen, daß es
für die Revision gleichgültig ist, ob die verletzte Norm in einem Gesetze
ausdrücklich ausgesprochen ist oder ob sie sich aus dem Sinne und Zusam
menhange desselben ergibt. Gleichgültig ist ferner für die Revision die
Quelle, der Entstehungsgrund der verletzten Rechtsnorm. Zur Ver
hütung restriktiver Auslegung des Wortes „Gesetz“ bestimmt der §. 12 des
Einführungsgesetzes, daß im Sinne der Civilprozeßordnung jede Rechtsnorm
als Gesetz gelte, also auch das Gewohnheitsrecht (vgl. noch §. 255).
Bei demselben ist nur die thatsächliche Ermittelung häufig komplizirter als