Full text: Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz (2)

18 Civilprozeßordnung. II. Buch. Verfahren in erster Instanz. 
denselben gelten lassen, so käme man beispielsweise zu der Konsequenz, daß 
die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Forderungsrechtes, dessen 
sich der in X wohnende A berühmt hat, von dem in Y wohnende B vor 
dem Gerichte in Y gestellt werden könnte, da hier A aus dem Rechtsver 
hältnisse gegen B klagen müßte. Diese Konsequenz geräth in so grellen 
Widerspruch mit §§. 12 ff., daß ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung 
dieselbe nicht zugegeben werden darf. Klagen auf Feststellung des Nicht 
bestehens von Rechtsverhältnissen sind daher nach den allgemeinen Regeln 
vor dem forum domicilii des (Feststellungs=) Beklagten oder aber vor den 
in concreto zutreffenden besonderen Gerichtsständen zu erheben. Dagegen 
kann die Thatsache, daß für die Provokationsklagen des Gemeinen Prozeß 
rechts (und auch der bayer. CPO. s. Art. 571) das Gericht der Haupt 
klage zuständig ist (ck. Renaud, Lehrbuch §. 40 Nr. 1; Wetzell, System 
Bd. III §. 13 S. 112 Note 58), schon aus dem einfachen Grunde nicht 
angeführt werden, daß die Feststellungsklage der CPO. eine von der Pro 
vokationsklage vollständig verschiedene prozessuale Bildung ist, und einen 
Zwang zur Klagestellung durchaus nicht bezielt. 
4) Klage auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Fest 
stellung der Aechtheit derselben. 
a) Der Begriff „Urkunde" ist im Sinne des allgemeinen Sprachge 
brauches zu verstehen als das „einen Gedanken körperlich darstellende Zei 
chen" (Wetzell, System Bd. III §. 24 S. 221). Eine Beschränkung der 
Definition aus den §§. 380 ff. der CPO., wonach als Urkunde nur ein 
zum Beweise im Civilprozesse geeignetes Schriftstück erscheint (s. L. Seuf 
fert a. a. O. §. 231 Nr. 9 a), ist nach der allgemeinen Fassung des 
§. 231 weder geboten noch zulässig. Auf der andern Seite läßt sich nicht 
verkennen, daß kaum jemals eine andere als eine schriftliche Urkunde 
praktisches Objekt der Feststellungsklage sein wird. Die formelle und ma 
terielle Beweiskraft der fraglichen Urkunde begründet für die Feststellungs 
klage keinerlei Unterschied. Daß immer die Klage auf eine individuell be 
stimmte Urkunde gerichtet sein muß, versteht sich von selbst. Daß sich die 
selbe in den Händen des Klägers oder Beklagten befinde, bildet keine Vor 
aussetzung der Klage. Vorlage der Urkunde kann erst im Beweisverfahren 
und nach den Regeln desselben begehrt werden (§§. 387, 397, 400). 
b) Das rechtliche Interesse an der Feststellung ist in demselben Sinne 
zu verstehen, wie sub 3 c. Auch hier wird die Entscheidung über das Vor 
handensein des rechtlichen Interesse von dem Ermessen des Gerichts ab 
hängen. 
Ein alsbaldiges Interesse an der Feststellung bedeutet hier ein In 
teresse zu einer Zeit, wo die fragliche Urkunde noch nicht als Beweismittel
	        
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