Full text: Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz (2)

120 Civilprozeßordnung. II. Buch. Verfahren in erster Instanz. 
Gericht ist zwar ermächtigt, einen Beweisbeschluß über sämmtliche bestrittene 
Thatsachen zu erlassen, muß jedoch das Endurtheil fällen, wenn z. B. die 
Zeugenvernehmung die Wahrheit einer den Prozeß entscheidenden That 
sache ergibt, während eine zweite Thatsache nicht erwiesen wurde, und des 
halb die Zuschiebung des Eides nothwendig machen würde (Einrede der 
Schenkung — und des casuellen Untergangs der Sache bei der actio ex 
deposito). Das im Urtheile der ersten Instanz unerledigt gebliebene Ma 
terial wird im Falle der Berufung von Neuem der richterlichen Würdigung 
unterbreitet (§. 499. Vgl. hieher überhaupt L. Seuffert a. a. O. §§. 272, 
273 Nr. 1; Struckmann=Koch a. a. O. §. 272 Nr. 1). 
c) Zu §. 272 Abs. 2: Hier wird vorausgesetzt, daß das Gericht von 
der Befugniß des §. 138 Gebrauch gemacht habe. Die Fälle der subjek 
tiven oder objektiven Klagenhäufung (§§. 56, 57, 232) fallen unter den 
§. 273. Die Vorschrift des §. 272 Abs. 2 führt zu demselben Resultate, 
als wenn das Gericht die von ihm angeordnete Verbindung mehrere Streit 
sachen (§. 138) wieder aufgehoben hätte (§. 141) und nun einer der 
getrennten Prozesse zur Endentscheidung reif wäre. 
Das in dem einen (§. 272 Abs. 1) wie in dem andern (§. 272 
Abs. 2) Falle zu erlassende Endurtheil ist entweder ein unbedingtes oder 
ein durch Eid bedingtes (§§. 425, 427, 439 Abs. 3), das Letztere dann, 
wann die den Prozeß entscheidenden Thatsachen nur durch den Eid zur Ge 
wißheit erbracht werden können. Jedem bedingten Endurtheil hat noch ein 
unbedingtes Endurtheil zu folgen (§. 427 Abs. 2). Ausnahmsweise 
(§. 426) geschieht die Anordnung des Eides nur durch Beweisbeschluß. 
d) Zu §. 273 Abs. 1: Hiedurch ist die Erlassung eines Theilurtheils 
in folgenden Fällen angeordnet: 
æ) Wenn ein Theil eines geltend gemachten Anspruchs zur Endent 
scheidung reif ist. Selbstverständliche Voraussetzung hiefür ist die recht 
liche Theilbarkeit des Anspruchs. Gleichgiltig ist, ob der theilbare 
Anspruch allein oder neben anderen Ansprüchen geltend gemacht wurde, 
m. a. W. auch im Falle der Streitgenossenschaft bzw. objektiven 
Klagenhäufung ist Theilurtheil zu erlassen, sobald von den mehreren 
Ansprüchen einer theilweise zur Endentscheidung reif ist. Diese 
Reife eines Theils kann die Folge sein eines Geständnisses, einer 
Anerkennung oder einer Beweisführung. 
8) Wenn mehrere Ansprüche in einer Klage geltend gemacht sind (§§. 56, 
57, 232) und einer derselben zur Entscheidung reif ist. Hiebei dürfen 
freilich nicht die Worte „einer derselben“ urgirt werden. Vielmehr 
versteht sich die Anwendbarkeit des Abs. 1 wohl auch für den Fall von 
selbst, wo von drei Ansprüchen zwei oder von vieren drei u. s. w.
	        
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