Full text: ¬Der badische Bürgermeister (1)

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und ihrer Kommission nachmals erst in den Gesetzent 
wurf aufgenommen) Statthaftigkeit der Zwangsvoll 
streckung ernste Gefahren verbunden sowohl für den 
Schuldner als auch für das weitere Verkehrsleben, ins 
besondere auch für den Kredit der Gemeinde, in welcher 
der Schuldner seinen Wohnsitz hat. 
Allerdings sollen nach der Absicht des Gesetzentwurfs 
(Begründung zu § 1) nur streitige, eines Vergleichs be 
dürftige, vermögensrechtliche Ansprüche vor den Schieds 
richter gebracht und Scheinvergleiche vermieden werden. 
Indes wird keine gesetzliche Bestimmung ausreichen, um 
diesen Anlaß und Zweck auch sicher zu erreichen. Ein 
auch noch so unerhebliches Nachgeben in Ansprüchen birgt 
in sich einen Vergleich; dieses Nachgeben kann ein wirk 
liches oder nur vorgegebenes sein, dessen wahres Wesen 
dem Bürgermeister ebensowenig erkennbar sein wird als 
dem Richter. Zum erheblichen Schaden von Schuldnern 
und ihrer Familien, ja von noch weitern Kreisen wer 
den aber zwischen Gläubigern und Schuldnern Verein 
barungen getroffen unter der Form von Vergleichen, 
deren wahrer Inhalt mit nachteiligen Folgen nicht ein 
mal dem Schuldner zum klaren Bewußtsein kommt, 
ohne daß die zu diesem Zwecke vom Gläubiger ange 
wendeten Mittel den Thatbestand eines bürgerlich= oder 
strafrechtlichen Betrugs erfüllen. Dies ist namentlich 
der Fall bei Abrechnungen über verschiedene Schuldposten, 
dabei geleistete Zahlungen, Aufrechnung von Zahlungen, 
Berechnung von Zinsen u. s. w. Der vom Gläubiger 
abhängige und arglose Schuldner versteht sich nun dazu, 
die im Vergleich festgesetzte Schuld vor dem Notar, der 
nach Geschäftsordnung § 23 bei der bestimmten über 
einstimmenden Erklärung beider Teile zu einer sachlichen 
Prüfung nicht veranlaßt ist, anzuerkennen, und erwirbt 
der Gläubiger eine vollstreckbare Notariatsurkunde bezw. 
ein Anerkenntnisurteil, deren verhängnisvolle Wirkungen 
der Schuldner oft gerade zu der ihm ungelegensten Zeit
	        
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