Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (2)

78 
mn 
Zehnten und Frohnden für die Volkswirthschaft nach 
theilig seien. Dazu gesellte sich der Drang zur Geld 
wirthschaft, der sich immer mehr einstellte, je mehr 
das moderne Erwerbs= und Verkehrswesen sich 
Bahn brach und jedes Product durch die Geldform 
hindurchjagte. Der Staat wollte die Steuern in 
Geld bezahlt haben, da sich so bequemer wirthschaften 
ließ, als mit Getreide- und Holzabgaben, besonders 
nachdem mit den modernen Verkehrserleichterungen 
die Frohnden abzulösen weil der Bauer, der Gutsherr 
und der Staat, überhaupt das ganze Land, die gesammte Land 
und Waldcultur von der Befreiung des Grundeigenthums von 
jeder störenden Verpflichtung den unberechenbarsten Vortheil 
hätten. Unter Anderm sagt Haxthausen: „Der Bauer ist nicht 
unempfänglich für die Ideen der neuern Zeit geblieben; er 
sindet sein Selbstgefühl verletzt und die Freiheit und Würde 
seines Innern durch das Muß, den Zwang beleidigt. Er fühlt 
welcher 
sich wie das wilde Thier im Käfig. Derselbe Knecht, 
treu, redlich und mit Anhänglichkeit für Jahreslohn gedient 
hat, zeigt sich, sobald er den eigenen Heerd gebaut, 
träge, 
der 
tückisch und widerspenstig, wenn er in Frohndienst muß 
ab 
Dienst verdirbt den Charakter des Bauern, daher muß 
erklärt 
gelöst werden". Gestützt auf langjährige Beobachtung 
Flotow (Anleitung zur Fertigung der Ertragsanschläge I 80) 
4 Handfrohnarbeiter erst 3 bezahlten Taglöhnern 
gleichwerthig; im Spanndienst rechnet er das Verhältniß wie 
3:2. Andere rechnen die Spannfrohnen bis zu 50 % min 
derwerthig gegenüber der bezahlten freien Arbeit. Der Grund 
liegt vielfach darin, daß mit dem Wegfalle des Gerichts-, zumal 
aber des Züchtigungsrechts der Herren, das sich doch unmöglich 
hätte erhalten lassen, der Bauer noch weniger Ursache hatte 
als sonst, sich und seine Thiere für den Frohnherrn zu quälen. 
Die Taglöhner kann man jeder Zeit wegen schlechter Arbeit 
entlassen, die Fröhner aber nicht. Dazu kam der wichtige Um 
stand, daß die Frohnen ihrer Natur nach fast immer in die 
Zeit fielen, wo der Bauer auf seinem eigenen Lande selbst höchst 
nothwendig war, daher er sein eigenes wie das Land des 
Grundherrn nur ungenügend bestellen konnte. Mit inten 
siver Cultur also, wo die Witterung noch größern Einfluß 
hat und daher Berücksichtigung verdient, vertrugen sich die 
Frohnen durchaus nicht. 
Der Zehnte, sagt Haxthausen ferner, „ist der Cultur 
anerkanntermaßen durchaus schädlich, dergestalt, daß man nicht 
begreift, wie ein Acker, dem man seit einem Jahrtausend so be 
deutende Theile seiner Kraft ohne Erstattung entzieht, noch 
Früchte tragen kann. Staatsminister v. Stein erklärt in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer