Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (2)

X. 
Der deutsche Bauer im 16., 17. und 
18. Jahrhundert. 
Die Wildheit der Zeit, der Mangel eines 
starken Königthums und die Uebermacht des Grund 
adels hatten den deutschen Bauer fast allenthalben 
gegen das Jahr 1000 hin in das feudale Joch hinein 
gezwungen. Der ursprünglich freie Bauer war durch 
weg verschwunden und der friesische Bauer mochte 
vielleicht der einzige sein, der sich in größerer Anzahl 
von der feudalen Abhängigkeit frei hielt. Dem Ein 
fluß der Kirche, welche stets, so oft und so lange sie 
von der Staatsgewalt frei war, das sociale Ab 
hängigkeitsverhältniß gemildert hat, verdankte es dann 
der deutsche Bauer, daß die ihm auferlegte Leibeigen 
schaft und Hörigkeit sich in stets leichtere Formen 
wandelte, so daß er zu Ausgang des Mittelalters 
halb, mitunter sogar ganz frei geworden war, ein 
dingliches Recht an dem Boden besaß, den er be 
baute und sich gleich den übrigen Ständen unseres 
Volkes eines beneidenswerthen Wohlstandes erfreute. 
Damals, zu Anfang des 15. Jahrhunderts, begann 
bereits eine friedliche Befreiungsbewegung 
und wäre die günstige Entwicklung des deutschen 
Volkes nicht durch revolutionäre, aus den höhern 
Ständen her wirkende Kräfte gestört worden, so hätte 
diese Bewegung wahrscheinlich im Laufe des 16. 
Jahrhunderts mehr oder weniger die vollständige 
Ablösung der Grundlasten herbeigeführt und
	        
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