Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (2)

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damit der doch unvermeidliche Vorgang sich ohne 
Schädigung des Königthums und des Staates voll 
ziehe. Daher wirkte der König für Ablösung der 
Frohnden und Verwandlung der Bauerngüter in 
freies Eigenthum. Im Jahre 1806 hatte er dies 
auf seinen Domänen vollständig durchgeführt, als der 
Schlag von Jena erfolgte. Bei dieser Niederlage 
und der schimpflichen, fast verrätherischen Capitulation 
verschiedener Festungen zeigte es sich, wie schwach trotz 
äußeren Glanzes der Staatsbau war. Mit dem politischen 
Blick, der in Preußen selbst in diesen trüben, degenerirten 
Zeiten nicht ganz abhanden gekommen war, erkannte 
man jetzt, daß das sociale Gebäude auf breiter, freiheit 
licher Grundlage errichtet werden müsse, damit auf 
ihm ein starker und kräftiger Staat erwachsen könne. 
Der Haushalt wurde vereinfacht, das Heerwesen ver 
bessert, besonders die Officiersstellen nur nach Würdig 
keit und Leistung vergeben und unter Freiherrn 
v. Stein's Führung große sociale Befreiungs 
thaten vorgenommen, die Gleichberechtigung aller 
Staatsbürger ausgesprochen, der Zunftzwang und 
die Leibeigenschaft beseitigt.*) Das letztere duldete 
*) Damals erließ die Regierung auch das bekannte Mo 
ratorium, das von dem hervorragend praktischen Geiste 
zeugt, der die preußische Verwaltung in dieser Stunde der Ge 
fahr beseelte. Am 19. Mai 1807 erschien eine königliche Ver 
ordnung wegen eines den Grundbesitzern zu bewil 
ligenden Generalindults und wegen des Verfahrens 
in Moratoriumssachen, wodurch den Grundbesitzern in Betracht 
ihrer schwierigen Lage ein Indult auf unbestimmte Zeit nicht 
blos hinsichtlich sämmtlicher Capitalschulden, sondern auch aller 
rückständigen und laufenden Zinsen und sonstigen Zahlungen 
gestattet wurde. Die Verordnungen vom 18. September und 24. 
November 1807 modificirten zwar diese Bestimmung wegen 
der rückständigen und laufenden Zinsen, aber durch Verordnung 
vom 14. Juli 1810 ward mit Rücksicht auf die fortdauernd 
höchst bedrängten Verhältnisse der Grundbesitzer und ungeachtet 
„die großen und mannichfachen Uebel des allgemeinen Indults“ 
keineswegs verkannt wurden, dieser Indult nochmals auf ein 
Jahr, bis zum 24. Juli 1811 verlängert. Die Kriegszeit 
machte dies zur Nothwendigkeit und ohne diese Stundung wäre 
die preußische Landwirthschaft vollständig in Wucherhände ge 
rathen, oder aus dem Besitze geworfen worden.
	        
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