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Lage des Landvolks zu verbessern. Er war früher,
als aussichtsloser Prinz, lange Zeit in französischen
Militärdiensten gestanden und dort vom Hauch der
Zeitströmung nicht unberührt geblieben. Als er König
geworden, hob er durch das organische Edict vom 31.
August 1808 die Leibeigenschaft auf, d. h. wie das
Edict sagt: „das Verhältniß, nach welchem der
Unterthan seinem Herrn auf solche Weise dienstbar
und unterwürfig war, daß ihm und seinen Kindern
entweder kein oder nur ein sehr beschränktes Recht
über ihren Stand und Erwerb zustand. Diese Leib
eigenschaft, mochte sie persönlich oder mit dem Besitz
eines Gutes verbunden sein, wurde mit all ihren
persönlichen Wirkungen (z. B. Dienstzwang, Leibzins,
Abzugsgelder bei der Verheirathung, Mortuarium,
d. h. das Recht des Grundherrn, bei dem Tode eines
seiner Unterthanen aus dessen Hinterlassenschaft gewisse
Gegenstände zu fordern u. s. w.), ohne Entschädigung
aufgehoben und die ungemessenen Leistungen in ge
messene umgewandelt.*) Dieses Edict wurde in der
bayerischen Verfassung (1818) ausdrücklich bestätigt
und in Titel IV § 7 der Verfassung bestimmt:
„Alle ungemessenen Frohnen sollen in gemessene um
Um
geändert werden und auch diese ablösbar sein."
dieselbe Zeit hob auch Württemberg durch Edict
vom 18. November 1817 wie durch die Ver
fassungsurkunde (1819) die Leibeigenschaft für immer
auf. Die badische Verfassung (1818) versprach
Entschädigungsbestimmungen für die schon vorher für
ablösbar erklärten Grundlasten und Dienstpflichten,
sowie für alle aus der schon aufgehobenen Leibeigen
schaft herrührenden Abgaben. Nassau beseitigte
1812 eine Menge feudaler Abgaben, namentlich die
aus der Leibeigenschaft herrührenden und die nicht
vertragsmäßig begründeten Frohnden und Leistungen.
*) Bezeichnend für das Leibeigenschaftsverhältniß ist, daß
das Edict (Art. 5) ausdrücklich bestimmt, der bisher Leibeigene
„kann von seinem vorigen Leibherren nicht
mehr veräußert werden."