Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (2)

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an 
nahme der entsprechenden Rentenschuld an die Nachbarn ab 
geben. 
Auf die Amortisation wird unseres Erachtens bei 
solchen Darlehen auf Rente zu großes Gewicht gelegt. 
Wir glauben, daß man in der Gegenwart (unter dem Druck 
der fremden Concurrenz) und besonders während der Ueber 
gangszeit von Amortisation ganz absehen soll. Die Darlehen 
wären ansangs gegen Rentenbrief ohne Rücksicht auf 
Zinszuschlag für Amortisation zu geben, außer wenn 
der Schuldner dies ausdrücklich wünscht. Kommen bessere 
Conjuncturen, so kann man auch auf die Heimzahlung der 
Darlehen mehr drängen. Im Allgemeinen aber wäre die 
Heimzahlung vom Darlehen zu trennen und 
könnte vielleicht durch besondere Kassen, die selbstverständlich 
auch der Landschaft unterständen, vermittelt werden. 
Die Subhastation wirkt immer zerstörend auf den 
Bauer und auf die Landwirthschaft. Künftig würde 
die Landschaft das Gut übernehmen und auf 
eigene Rechnung bewirthschaften, bis sich, was 
sicher nicht lange dauern wird, ein günstiger Verkauf ab 
schließen läßt. Dem Erwerb solcher Güter zu Schleuder 
preisen sowie zum Ausschlachten, überhaupt zur ca 
pitalistischen Speculation wäre damit vorgebeugt 
und zwar zum' Wohle des Bauernstandes. Die 
Landschaft könnte dafür sorgen, daß das Gut nicht an 
einen Capitalisten übergeht, sondern wieder in Bauernhände 
kommt. Dadurch wäre auch dem übermäßigen Ein 
reißen der Pachtwirthschaft vorgebeugt. Jetzt 
kauft ein großer Capitalist oder ein fetter Gründer schön gelegene 
Bauernhöfe, verwandelt sie theilweise in Wildpark und Sommer 
aufenthalt und läßt den Rest durch Pächter bewirthschaften. 
Gegen dieses Verdrängen des Bauers durch Capitalisten könnte 
die Landschaft Sorge treffen vermittelst der Bestimmung, daß 
Jeder, der einen Bauernhof kauft, ihn selbst bewohnen und 
bewirthschaften muß. (Vergleiche Ratzinger „Erhaltung 
des Bauernstandes“, S. 64.) Die Bildung von Fideicommissen 
oder die Ansiedlung reicher Leute auf dem Lande soll damit 
nicht unmöglich gemacht werden. Was die „Landschaft“ ver 
hindern soll, ist die Ausbeutung des Bodens und die Ver 
treibung des Bauern, soweit dies aus privaten Specu 
lations=Gründen geschieht. Selbstverständlich wäre für das 
Einspruchsrecht der „Landschaft“ eine gesetzliche Unterlage und 
Grenze zu schaffen. Schon Freiherr von Stein be 
zeichnete (wenn wir nicht irren) in seinem Gutachten über den 
Entwurf der Immediat=Commission vom 30. Sept. (bezw. 
2. Oct.) 1807 eine Einschränkung des freien Gebrauchs 
des Grundeigenthums und der persönlichen Kraft als unerläß 
lich, diejenige nämlich, „welche dem Eigennutz der Reicheren 
und Gebildeteren Grenzen setzt und das Ein¬
	        
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