Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (2)

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daß die Grundschuld einzig eine Renten 
schuld sein kann. Wir müssen daher zum 
Rentenprincip zurückkehren. Der Grundbesitz kann 
sich überhaupt nur vermittelst der Rente verschulden, 
wenn die Verschuldungsform seinem Wesen ange 
messen sein soll. Für Gewerbe, Industrie und Handel 
versteht sich das kündbare Darlehen von selbst, weil 
hier das Capital regelmäßig umgeschlagen und er 
neuert wird. Die Hauptcreditform der Landwirthschaft 
aber ist die Rente. Man braucht natürlich deßwegen 
nicht zum mittelalterlichen Rentenkauf zurückzukehren, 
sondern soll das Gute der früheren Zeit verbinden 
mit den Bedürfnissen der Gegenwart. Die Landwirth 
schaft bedarf der Capitalzufuhr. Diese Darlehen 
müssen aber so gestaltet werden, daß sie der Land 
wirthschaft zum Segen und nicht zum Verderben 
gereichen*) — sie müssen mit Einem Wort nach der 
Natur der Landwirthschaft sich richten. Das 
Wesen der landwirthschaftlichen Production ist aber 
die Rente, der Darlehens- und Schuldvertrag auf 
Grund und Boden muß daher ein Rentenvertrag 
werden, wenn auch selbstverständlich der Grundbesitz 
haftbar bleiben muß für seine Rente. Das Capital 
erhält dadurch seine volle Sicherheit, es wird ihm 
blos die Möglichkeit genommen, das Darlehensver 
hältniß zu mißbrauchen zum Nachtheil der Landwirth 
schaft, der Bodencultur und des Bauernstandes. 
Für das Rentenprincip treten außer dem er 
wähnten Buch von Rodbertus („Zur Erklärung und Abhilfe 
der jetzigen Creditnoth des Grundbesitzes.") noch ein die Schrif 
„Der Rentenkauf, sein Wesen und seine Bedeutung für 
ten: 
den Grundbesitz“ von Karl v. Oven und „Reform des hypo 
thekarischen Darlehens auf ländlichen Grundbesitz" von Holtz 
Alt=Marrin — beide erschienen vor 1869. Der Letztere bleibt 
aber doch noch im Capitalprincip hängen und der Erstere will 
die Einführung des Rentenprincips durch „freiwillige Ver 
einigung". Auf diese Weise wird es niemals kommen, 
sondern wenn irgendwo, so hat der Staat hier die Pflicht 
die Agrargesetzgebung auf die einzig naturgemäße Rentengrund 
*) S. S. 249.
	        
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