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mannnen
seiner Felder bedeutend erhöhen und brauchte trotzdem nicht zu
fürchten, daß ihm der Rentenkäufer nach Laune oder Selbst
sucht, sobald er das Geld z. B. gegen höhern Zins anlegen
konnte, es beliebig kündigte und ihn dadurch in die größte Ver
legenheit, mindestens aber in große Kosten brachte. Die Rente
war ja durchweg Seitens des Gläubigers unkündbar. Erst
allmälig und ziemlich spät erhielt auch der Gläubiger mitunter
ein Kündigungsrecht. Der Schuldner dagegen hatte bald das
Recht, die Rente gegen die geliehene oder eine andere verab
redete Summe abzulösen (census redimibilis), bald konnte auch
er die Rente nicht abschütteln (census irredimibilis). Wollte
der Käufer der Rente sein Capital wieder herausziehen, so
kündigte er es nicht, sondern cedirte sein Recht einem Andern
gegen Geld oder verkaufte die Schuldurkunde. Diese war näm
lich vielfach auf den Inhaber aufgestellt, ein Gebrauch, welcher
sich von den kaufmännischen Geschäften hinweg auch auf die
dauernde Capitalanlage durch Rentenkauf ausdehnte. Dabei
verarmten die höhern Classen durchaus nicht, wohl aber ver
theilte sich der Wohlstand gleichmäßig über das ganze Land.
Allmälig kam man aber dazu, der Rente den un
kündbaren Charakter zu nehmen. Aus der unkünd
baren Ewiggült wurde eine Wiederkaufsgült, das
„ewige Geld durfte abgelöst werden und zwar gegen Entrich
tung meist des 10—20fachen Betrages der Rente, d. h. man
kaufte die Rente wieder zurück. Auch dieser Prozes
vollzog sich je nach Ort und Zeit unter tausendfach verschiedenen
Formen. Der urkundliche Ausdruck für diese Kündigung war
Anfangs reemere — wiederkaufen, daher: Wiederkauf der Gülte
und Wiederkaufgült. Allmälig trat an seine Stelle das Wort
rehabere velle d. h. das Kaufgeschäft verschwand und das
capitalistische Darlehensverhältniß trat immer mehr her
vor. Im 16. Jahrhundert werden schon viele Rentenkäufe nur
auf bestimmte Zeit abgeschlossen, haben ihren dauernden Cha
rakter also vollständig verloren. Der Zins hörte immer mehr
auf, eine Reallast zu sein und wurde mehr eine persönliche
Verpflichtung des Schuldners. Der eigentliche Rentenkauf be
stand daneben in großem Umfange noch weiter, war aber
vielfach und immer mehr zu einem bloßen
Deckmantel für das capitalistische Darlehen
geworden. Die Umwandlung eines Rentenkaufes in ein
bloßes Darlehensgeschäft ersehen wir auch aus dem Wechsel,
welcher allmälig im Begriff des Wortes census eintrat. Ur
sprünglich bedeutete dieses Wort die Rente, welche man von
einem Grundstück mittelst Geld sich gekauft hatte. Es stand
im Gegensatz zu usura, dem Zins vom fenus, vom Leih
capital. Weil ein solches Geschäft als wucherisch galt, so ver
mied man das Wort usura und gebrauchte selbst dann noch
das Wort census, als der Rentenkauf sich aus einer Art hypo
thekarischer Anlage, die er ursprünglich gewesen, ganz in
das bloße Darlehen ohne Beziehung zum Grundbesitz unge¬