Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (2)

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mannnen 
seiner Felder bedeutend erhöhen und brauchte trotzdem nicht zu 
fürchten, daß ihm der Rentenkäufer nach Laune oder Selbst 
sucht, sobald er das Geld z. B. gegen höhern Zins anlegen 
konnte, es beliebig kündigte und ihn dadurch in die größte Ver 
legenheit, mindestens aber in große Kosten brachte. Die Rente 
war ja durchweg Seitens des Gläubigers unkündbar. Erst 
allmälig und ziemlich spät erhielt auch der Gläubiger mitunter 
ein Kündigungsrecht. Der Schuldner dagegen hatte bald das 
Recht, die Rente gegen die geliehene oder eine andere verab 
redete Summe abzulösen (census redimibilis), bald konnte auch 
er die Rente nicht abschütteln (census irredimibilis). Wollte 
der Käufer der Rente sein Capital wieder herausziehen, so 
kündigte er es nicht, sondern cedirte sein Recht einem Andern 
gegen Geld oder verkaufte die Schuldurkunde. Diese war näm 
lich vielfach auf den Inhaber aufgestellt, ein Gebrauch, welcher 
sich von den kaufmännischen Geschäften hinweg auch auf die 
dauernde Capitalanlage durch Rentenkauf ausdehnte. Dabei 
verarmten die höhern Classen durchaus nicht, wohl aber ver 
theilte sich der Wohlstand gleichmäßig über das ganze Land. 
Allmälig kam man aber dazu, der Rente den un 
kündbaren Charakter zu nehmen. Aus der unkünd 
baren Ewiggült wurde eine Wiederkaufsgült, das 
„ewige Geld durfte abgelöst werden und zwar gegen Entrich 
tung meist des 10—20fachen Betrages der Rente, d. h. man 
kaufte die Rente wieder zurück. Auch dieser Prozes 
vollzog sich je nach Ort und Zeit unter tausendfach verschiedenen 
Formen. Der urkundliche Ausdruck für diese Kündigung war 
Anfangs reemere — wiederkaufen, daher: Wiederkauf der Gülte 
und Wiederkaufgült. Allmälig trat an seine Stelle das Wort 
rehabere velle d. h. das Kaufgeschäft verschwand und das 
capitalistische Darlehensverhältniß trat immer mehr her 
vor. Im 16. Jahrhundert werden schon viele Rentenkäufe nur 
auf bestimmte Zeit abgeschlossen, haben ihren dauernden Cha 
rakter also vollständig verloren. Der Zins hörte immer mehr 
auf, eine Reallast zu sein und wurde mehr eine persönliche 
Verpflichtung des Schuldners. Der eigentliche Rentenkauf be 
stand daneben in großem Umfange noch weiter, war aber 
vielfach und immer mehr zu einem bloßen 
Deckmantel für das capitalistische Darlehen 
geworden. Die Umwandlung eines Rentenkaufes in ein 
bloßes Darlehensgeschäft ersehen wir auch aus dem Wechsel, 
welcher allmälig im Begriff des Wortes census eintrat. Ur 
sprünglich bedeutete dieses Wort die Rente, welche man von 
einem Grundstück mittelst Geld sich gekauft hatte. Es stand 
im Gegensatz zu usura, dem Zins vom fenus, vom Leih 
capital. Weil ein solches Geschäft als wucherisch galt, so ver 
mied man das Wort usura und gebrauchte selbst dann noch 
das Wort census, als der Rentenkauf sich aus einer Art hypo 
thekarischer Anlage, die er ursprünglich gewesen, ganz in 
das bloße Darlehen ohne Beziehung zum Grundbesitz unge¬
	        
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