Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (1)

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Die übermäßige Bank- und Credit 
wirthschaft, die in den siebenziger Jahren be 
sonders über Deutschland hereinbrach, zumal der 
sogenannte volkswirthschaftliche Aufschwung der 
Milliardenzeit, hat ebenfalls unsere Landwirthschaft 
schwer geschädigt. Der Zinsfuß ist durch den 
Schwindel der Gründungen weit über die wirthschaft 
lich und besonders landwirthschaftlich gesunde Höhe 
gestiegen. Die Ersparnisse, welche das deutsche Volk 
jährlich in bedeutender Höhe macht, wandten sich der 
Industrie, dem Handel und seinen vielversprechenden 
Gründungen zu, verschwanden dort in die Taschen 
der großen Diebe, die man bekanntlich nicht hängt, 
oder sie wurden in amerikanischen Papieren ange 
legt, welche die dem Capitalismus dienstbare Presse 
und Bankhäuser so lange priesen, bis sie ihre 
Gewinne dabei gemacht hatten und das Publicum 
dann wieder geprellt war. Alle diese und noch 
viele andere capitalistische Einrichtungen der Gegen 
wart zogen und ziehen noch immer große Summen 
von der Landwirthschaft, die sie sehr nothwendig 
bedürfte, ab, weil dort der Zinsfuß höher ist und die 
Anlage trotzdem für sicher gilt. Der Landwirthschaft 
wurden und werden auf diese Weise Mittel vorent 
halten, welche sie zu ihrer Hebung dringend bedarf. 
Arbeitskraft und Capital wenden sich unter dem 
Einfluß der modernen wirthschaftlichen Strömung von 
Grund und Boden hinweg und wo dieser die Dienste 
des Capitals benutzt, ist der Zinsfuß für seine Durch 
schnittsrente, die jetzt von der Conjunctur des Welt 
marktes abhängt, zu hoch und der Bauer muß dabei 
verarmen. 
In Folge dieser verschiedenen Umstände hat sich 
die landwirthschaftliche Production vertheuert und diese 
Erhöhung der Gestehungskosten gegen die frühere Zeit 
darf getrost auf 33½ % veranschlagt worden. Vor 
nicht ganz richtig, weil die Preise täglich wechseln, so dürfen 
wir doch zum allerwenigsten annehmen, daß allein die bayerische 
Landwirthschaft gegen die Zeit vor ungefähr fünfzehn Jahren 
mindestens 50 Mill. Mark jährlich weniger erlöst!
	        
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