Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (1)

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alten Ortsgewohnheiten und Rechte. Ihr enger und 
interessirter Blick kam nicht über die todte Urkunde 
hinaus, denn quod non est in actis, non est in 
mundo! So setzten die römischen Rechtsgelehrten 
die ursprüngliche Unfreiheit des Bauern als selbst 
verständlich voraus und der Bauer sollte actenmäßig 
das Gegentheil davon beweisen, während er umgekehrt 
ursprünglich frei gewesen war! Dabei hatte man 
dem Bauer seine eigene Rechtsprechung entzogen, so 
daß der gegenseitige Schutz der Standesgenossen weg 
gefallen und der Bauer in die Hände einer hoch 
müthig auf ihn herabblickenden Rechtsgelehrtensippe 
gegeben war. Ferner logen diese römischen Doctoren 
den Grundherren und Fürsten vor, was diese gerne 
hörten, daß sie die souveränen Herren über Grund 
und Boden, besonders über die Allmenden seien und 
den Bauer beliebig mit Zins, Zehnten und Frohn zu 
belasten das Recht hätten. Der Grundherr und 
Landesfürst vertrieb daher die Bauern aus ihren 
Erblehen, legte sich das Obereigenthum, oft sogar das 
ausschließliche Eigenthum an den Gemeindegütern und 
besonders den Gemeindewaldungen bei und drückte 
die Markgenossen aus Eigenthümern zu blos ge 
duldeten Nutzungsberechtigten herab. 
Eine besondere Last, die allmälig zur Land 
plage wurde, bildete sich aus in dem Jagdrechte der 
Herren. Vergeblich eiferten freimüthige Männer, be 
sonders Geistliche, um das Jahr 1500 gegen diese 
Qual, welche herrschaftlicher Uebermuth dem Bauer 
bereitete. Das Jagdrecht wurde zum fürstlichen 
Hoheitsrechte gemacht, der Bauer mußte frohnden und 
persönliche Dienste dafür leisten, mußte sich durch die 
herrschaftlichen Schweine und Hirsche, die in Unmasse 
gezüchtet wurden, die Felder zerwühlen und die Saat 
auffressen lassen und wehe ihm, wenn er in berech 
tigter Abwehr das vornehme Vieh belästigte oder gar 
erschlug. Wildfrevel wurde fürchterlich geahndet, 
vom Herzog von Württemberg (1517) durch Aus 
stechen der Augen! Der Grundherr war nicht mehr, wie 
einst in der mittelalterlichen Anschauung, zum Wohl
	        
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