232
und schlechtem Lateinisch, so daß das Volk vollends
und Rechtsleben entfremdet
seinem Verwaltungs
wurde.*
Die Einführung dieser besonderen Ju
ristensprache hatte einen ganz bestimmten Zweck:
Sie diente nämlich als Mittel, um die Herr
schaft der römischen Juristen über das
deutsche Volk zu befestigen. Das deutsche
Recht war gewaltsam verdrängt, der Bürger und
Bauer durch die neue Classe der Rechtsgelehrten von
der Verwaltung seiner wichtigsten Angelegenheiten
entfernt und von der Rechtsprechung ausgeschlossen,
Verwaltung und Rechtsprechung wurde noch dazu in
einer dem Volke unverständlichen Sprache geführt, so
daß dieses die Entscheidungen seiner Beamten gar
nicht mehr prüfen konnte und willenlos in deren
Hände gegeben war. Materie, Methode und Sprache
seiner Verwaltung und seiner Gerichte war ihm
fremd, die neue Juristenclasse konnte daher mit ihm
machen, was sie wollte und das Volk beliebig scheeren.
Das Recht, das sich nun mit der Fürstenmacht verbunden
hatte, war zu einer fremden, unheimlichen
Gewalt geworden, die als Verwaltung oder
Justiz hoch über dem Volke, seinen Gedanken und
Interessen thronte und der das Volk steuerpflichtig
wurde. Jetzt wurden die verschiedenen Landrechte
gefertigt mit ihrem Rothwälsch, das das Volk nicht
verstand, jetzt begann eine Sündfluth von proceß
süchtigen Advocaten, von gelehrten Sophisten und
Rabulisten, von ränkevollen Schreibern, von „Rechts
biegern, Beutelschneidern und Blutsaugern", wie diese
Juristen schon 1493 genannt wurden. Mit tiefem
Ingrimm ertrug das Volk diese Zustände, die ganz
*) Z. B. hat das böhmische Steuerwesen seit jener Zeit
ein Urbarial=Einkommen und eine Fictitialsteuer; es unter
scheidet zwischen Dominical- und Rustical=Besitz. Wie sollte
das Volk sein Steuerwesen verstehen, das mit solchen Aus
drücken verunziert war? Von solcher bureaukratischer Aus
drucksweise, verbunden mit mandarinenmäßig verzopfter
Hierarchie ließen sich Hunderte von Beispielen anführen.