Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (1)

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Alters her getheilt, doch bestanden auch dort viele 
geschlossene d. h. untheilbare Höfe*). Im ganzen übrigen 
*) Die gleiche Erbtheilung ist, wie Reichensperger 
(„Agrarfrage", Trier, Lintz, 1847, S. 524) durchführt, das 
eigentliche altdeutsche Grundgesetz, wogegen die 
Vertheidiger des Erstgeburtsrechts behaupten, jene gleichmäßige 
Theilung sei erst mit dem römischen Rechte gekommen. Reichens 
perger dagegen sagt: Das altdeutsche Recht habe niemals eine 
ungleiche Beerbung der Söhne und eine Untheilbarkeit des Fa 
miliengutes gekannt, sondern diese beiden Einrichtungen seien 
erst durch das unter Fälschung der deutschen Rechtsansichten auf 
die Spitze getriebene Feudalwesen eingeführt worden und haben 
den Untergang der alten gemeinen deutschen Freiheit beschleu 
nigt. Das alte germanische Volksrecht habe die Töchter von 
der Erbfolge in das eigentliche Familienstammgut ausgeschlossen, 
nicht aber auch von der Mobiliarverlassenschaft und der Col 
lateral=Succession. Der Grund jener Ausschließung liege darin, 
daß der Besitz des Familiengutes zum Heerdienst verpflichtete, 
was man doch blos von den Söhnen verlangen konnte. Unter 
den erbberechtigten Söhnen aber sei das Stammgut jederzeit 
getheilt worden und diese Theilung habe nur die Folge gehabt, 
daß einer derselben Namens der Familie dem Heerbann Genüge 
leisten mußte. Das Princip der freien Theilbarkeit des Grund 
eigenthums und des gleichen Erbrechts, aus welchem ein politisch 
freier und mächtiger Stand der Grundeigenthümer hervorge 
gangen war, finde sich nicht nur in den Gesetzbüchern der 
Franken, Westgothen und Burgunder, sondern auch die Geschichte 
der Merovinger und Carolinger gäbe Zeugniß davon. Selbst 
das ursprüngliche Lehensrecht habe auf demselben Princip be 
ruht und erst spätere Familienverfassungen hätten dasselbe im 
Interesse des Familienglanzes bis zur endlichen Ausbildung des 
vollen Erstgeburtsrechtes beschränkt. Allmälig wurde das Recht 
der Erstgeburt in den Fürsten- und Adelsfamilien eingeführt 
(Kur-Brandenburg 1473 — das Haus Oesterreich erst 1664). 
Dem Bauernstand sei das Recht der Erstgeburt nicht im Inter 
esse der eigenen politischen Freiheit, sondern in dem der Grund 
herrschaft auferlegt worden, damit diese ihre hundertfältigen 
Gutsabgaben nicht von zahlreichen Erben, sondern stets nur von 
dem Hofbesitzer, also weit bequemer, einzutreiben habe. Daß 
die gleiche Theilung die alte germanische Einrichtung gewesen, 
zeige sich noch bei dem freien Bauernstand von Norwegen, der 
Schweiz und Tyrol, wo man sie bis in die Gegenwart be 
wahrt habe. 
Tacitus sagt von den Deutschen seiner Zeit: „Zu Erben 
und Nachsolgern hat Jeder seine eigenen Kinder und Testamente 
giebt es gar nicht." (Germ., cap. 20). Von einem Erstgeburts 
rechte und Fideicommissen erzählt er uns nichts. Gewiß wäre
	        
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