Full text: ¬Die Agrarfrage der Gegenwart (1)

md 
2. Die Lage der französischen Landwirth 
schaft. Obwohl die Landwirthschaft die Grundlage 
der gesammten Volkswirthschaft und des Staates 
bildet, so hat doch in tadelnswerther Verkennung ihrer 
Aufgabe noch keine deutsche Regierung es der Mühe 
werth gehalten, eine umfassende Untersuchung über die 
Gesammtlage der Landwirthschaft zu veranstalten. 
Wir sind daher auf andere Länder angewiesen und 
müssen dann versuchen, von diesen auf unsere Ver 
hältnisse zu schließen. England hat kürzlich eine 
Commission zur Untersuchung der Lage der Land 
wirthschaft eingesetzt und auch die französische Re 
gierung widmet sich, wie überhaupt allen wirthschaft 
lichen, so auch dieser Frage sehr eifrig.*) So besitzt 
fiel, da die Landwirthschaft noch gute Renten abwarf, daß da 
her in Anbetracht dieser langen Zeit und des inzwischen so stark 
gesunkenen Geldwerthes eine viel größere Steigerung der Pacht 
summen hätte eintreten müssen, wenn die Landwirthschaft wirk 
lich im Aufschwung sich befände. 
*) Frankreichs glänzende wirthschaftliche 
Stellung beginnt langsam zu verblassen. Seine Aus 
fuhr nimmt ab und ist von 1873 mit 3787 Millionen Francs 
auf 3180 im Jahre 1878 gefallen. Wären die Preise der 
Waaren noch so hoch wie 1873, so hätten sich doch erst 3711 
Mill. Fres. ergeben. Also sinkt die Masse der Ausfuhr und 
gleichzeitig ihr Geldwerth. Von 1847 bis 1878, in 32 Jahren, 
hatte (W. „Vaterland 1880 No. 257) der französische Handel 
nur in 12 Jahren eine Unterbilanz. In den ersten 29 Jahren 
waren 20 Jahre mit einer Ueberbilanz. Die Unterbilanz der 
Jahre 1855, 1856, 1857 war noch dazu sehr klein. Seit 1876 
aber wird sie dauernd und vergrößert sich von Jahr zu Jahr. Von 
1875 ab fällt die Einnahme aus dem Export absolut Wenn 
der Franzose heute eine Waare für 69 Francs verkauft, würde 
er vor 30 Jahren dafür 80 Francs erhalten haben. Nahr 
ungsmittel und Rohstoffe, die er dem Auslande heute um 80 
Francs abkauft, würde er ihm vor 30 Jahren nur mit 69 
Francs bezahlt haben. Was er heute für 69 Francs verkauft, 
brachte ihm vor 50 Jahre, im Jahre 1827, 96 Francs; was 
er heute kauft, muß er fast ebenso theuer bezahlen als vor 50 
Jahren. Dazu sind die öffentlichen Lasten stark gewachsen. Im 
und 
Jahre 1849 hatte das Land 34·5 Millionen Einwohner 
32 
diese zahlten 1095 Millionen Francs Steuer, per Kopf
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer