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jenes besonders fruchtbaren Jahres hinzuweisen und
man glaubt, so lange die Erde noch Früchte trägt,
aus welchen sich Brod, Fleisch u. s w. bereiten läßt,
könne man die Dinge sich selbst überlassen. Man be
denkt nicht, daß die ländliche Bevölkerung viel trägt
und duldet, bis ihre Kraft und Geduld erschöpft sind,
daß aber, wenn dieser Krach eintritt, er ein furcht
barer wird, weil er so lange sich hinauszog und weil
er im Herzen und in der Grundschichte des Staates,
im Bauernstand ausbrach.
Am 12. April 1879 wandte sich der rührige
Vertreter der landwirthschaftlichen Interessen, Carl
Freiherr von Thüngen zu Roßbach bei Zeitlofs in
Unterfranken, an den Reichskanzler Fürst Bismarck mit
einem Brief, in welchem er einen höheren Zollschutz
für die landwirthschaftlichen Producte verlangte. Falls
der landwirthschaftlichen Nothlage nicht abgeholfen werde,
prophezeite Frhr. v. Thüngen den Untergang des deut
schen Bauernstandes und große politische Erschütter
ungen, indem er schrieb:
„Der ländliche Mittelstand wird verschwin
den, die reichen Capitalisten kaufen sich für wenig Geld große
Latifundien und treiben Weidewirthschaft; der Bauer wird
wieder, was er vor 200 Jahren war (?), Hirte, ein Theil
wandert aus, der Rest wird Socialdemokrat, und
die sociale Revolution ist fertig, die mit dem Cäsa
rismus endet. Das ist das Bild, das ich vor Augen sehe,
wenn der deutschen Landwirthschaft nicht energisch geholfen wird.
und sehr häufen sich die Anzeichen, die darauf hinweisen. Die
bäuerlichen Concurse wachsen wie eine Lawine,
der
Grund und Boden ist auf's Höchste entwerthet,
sichersten Hypotheken werden beim Verkaufe nicht gedeckt,
die Bevölkerung ganzer Landstriche arbeitet nur noch als Hörige
für den jüdischen Wucherer, der sie von Haus und Hof
treibt, wenn ihm der günstige Zeitpunct gekommen scheint.
Das ländliche Element ist zähe im Ertragen, seine Leiden und
Schäden bleiben lange verborgen, aber wenn sie einmal auf
brechen, dann geschieht es reißend und unaufhaltsam, und in
dieses Stadium sind wir eingetreten.
Der Reichskanzler stimmte der Forderung des
Freiherrn von Thüngen nach größerem Zollschutz für
die Landwirthschaft bekanntlich zu und die Folge war
die Einführung eines mäßigen Zolles auf Getreide und