Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (9)

Die Vererbung des Grundbesitzes. 
L.-R. Templin: (Vgl. das Zitat oben S. 49). 
A.-G. Züllichau spricht allgemein von der Neigung der Grundbesitzer, die Abfindungen 
zu verringern. 
A.-G. Schwiebus: Der Wunsch waltet ob, den Übernehmer so zu stellen, daß ihm die 
Erhaltung der übernommenen Wirtschaft möglich wird, auch wenn sich dieser Zweck nui 
dadurch erreichen läßt, daß der Übernehmer — bei Zugrundelegung des augenblicklichen 
Grundstückswerts — vor den übrigen Erben etwas begünstigt wird. 
Demgegenüber stehen diejenigen Besitzer, welche ihren Grund und 
Boden nur als Vermögensobjekt betrachten. Dies ist meistens dann der Fall, 
wenn das Gut noch nicht lange in den Händen der Familie ist; in solchem 
Falle tritt eine Bevorzugung des Gutsnachfolgers entweder überhaupt nicht 
ein, oder sie ist sehr minimal. 
Die Entscheidung der Frage, ob eine Begünstigung vorliegt oder nicht 
richtet sich in erster Linie nach den angewandten Taxgrundsätzen, ins 
besondere danach, ob der Bewertung des Gutes der Verkehrswert oder die 
auf dem Ertragswert beruhende ritterschaftliche Taxe zugrunde gelegt ist 
Die landrätlichen Berichte über die Bewertungsgrundsätze, welche den 
Verfügungen der Erblasser regelmäßig zugrunde liegen, ergeben kein ganz 
klares Bild, während die Amtsgerichtsbezirke zu klein sind, um bei der ge 
ringen Anzahl der tatsächlich vorkommenden Vererbungsfälle ein sicheres 
Urteil zu ermöglichen. 
L.-R. Guben: Bei den Erben findet meist gleiche Teilung des Nachlasses statt, welche 
in der Regel durch testamentarische Bestimmung festgelegt wird. Hierbei dürfte für ge 
wöhnlich weniger der Gebrauchs- resp. Nutzungswert, als vielmehr der Verkehrswert der 
Teilung des Nachlasses zugrunde gelegt werden. 
L.-R. Spremberg: Bei dem Großgrundbesitz herrscht im allgemeinen die römisch 
rechtliche Auffassung von der Gleichberechtigung sämtlicher Erben vor, welche zwar nicht 
durch reale Teilung des Gutes wohl aber durch Übernahme des Gutes zu einer gerichtlichen 
oder außergerichtlichen Taxe und hypothekarische Eintragung der übrigen Erbanteile ihren 
Ausdruck findet. 
L.-R. Freienwalde (Oberbarnim): Es scheint beim Großgrundbesitz ... die Absicht 
vorzuherrschen, alle Kinder gleich zu bedenken. 
L.-R. Teltow: ... alle anderen größeren Güter bilden hierselbst mehr oder weniger 
Handelsobjekte. 
L.-R. Jüterbog: Das Bestreben, alle Kinder gleichmäßig zu bedenken, führt nicht 
selten zur Aufteilung oder doch Überschuldung der mit allzu hohen Abfindungen belasteten 
Übernehmer. 
L.-R. Prenzlau: Es sind vielfach Lehngüter infolge testamentarischer Bestimmung 
oder meist gütlicher Einigung unter mehreren Erben zu Werten vererbt worden, welche 
den Lehnstaxwert stets übersteigen. Vielfach hat man bei solchen Teilungen die ritter 
schaftlichen Taxwerte, häufig auch noch höhere Werte angenommen. 
A.-G. Jüterbog: ... der Annahmepreis ist nicht selten so hoch angesetzt, daß der 
testamentarisch bestimmte Übernehmer die Annahme verweigert. 
Die gleiche Verschiedenheit der Auffassung zeigt sich auch bei den 
Miterben, wenn aus irgend einem Grunde, sei es z. B., daß der Gutsinhaber 
plötzlich verstirbt, der Intestaterbfall eintritt. 
Zuweilen, besonders in Gegenden mit vielfach altem und gefestigtem 
Besitz, so in der Östpriegnitz, wo auf 60 Güter überhaupt 9 Fideikommisse 
kommen, gelingt es dann, unter den Miterben eine Einigung über die Über-
	        
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