Full text: ¬Der deutsche Civilprozess (3)

Schiedsrichterliches Verfahren. §. 854. 
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perfekten Schiedsvertrags ein gesetzliches Recht auf Beurkundung, 
welches nöthigenfalls im Wege der Klage geltend gemacht wird. 
§. 854. 
Ist in dem Schiedsvertrag eine Bestimmung über die 
Ernennung der Schiedsrichter nicht enthalten, so wird von 
jeder Partei ein Schiedsrichter ernannt. 
Reg.-Vorl. §. 795. Mot. S. 473. 
Dieser Bestimmung liegt der Satz zu Grunde, dass die Verein 
barung des Schiedsvertrages auf die Ernennung bestimmter 
Schiedsrichter und deren namentliche Bezeichnung sich nicht zu 
erstrecken braucht*). Bei der Zulassung einer Vereinbarung über 
die schiedsrichterliche Entscheidung künftiger Rechtsstreitigkeiten 
(§. 793) war dieses Erforderniss nicht aufrecht zu erhalten. Von den 
Schiedsverträgen, in welchen bereits die Personen der Schiedsrichter 
vereinbart sind, handelt §. 859, von denen, in welchen eine solche 
Vereinbarung fehlt, §. 854. 
Allein, wenn auch in dem Vertrag die individuelle Bezeichnung 
der Schiedsrichter fehlen kann, so ist es doch für die aus dem Kom 
promiss entspringende Klage auf Vollziehung der Uebereinkunft und 
folglich Konstituirung des Schiedsgerichts selbstverständlich nöthig, 
dass der Modus der Ernennung irgendwie bestimmt sein muss. 
Wäre darüber noch gar nichts vereinbart, so stände die Erfüllung 
des Schiedsvertrags lediglich in der Willkür der Kontrahenten, das 
ganze Kompromiss schwebte in der Luft. 
Deshalb erschien es angemessen, für den Fall, wo weder über 
die Personen, noch auch über die Zahl der Schiedsrichter etwas fest 
gesetzt worden ist, eine ergänzende Normativbestimmung aufzustellen. 
Ein solcher Vertrag gilt trotz der fehlenden Bestimmung über die 
Ernennung der Schiedsrichter als perfekter Schiedsvertrag, indem 
kraft Gesetzes präsumirt wird, dass jeder Theil einen Schiedsrichter 
ernennen, mithin das Schiedsgericht aus zwei Personen bestehen 
soll. Diese Ergänzung des Vertrags durch das Gesetz erweist sich 
als eine weitere Begünstigung des Schiedsvertrags. 
Aus der Hinweglassung einer beschränkenden Bestimmung * 2) 
folgt, dass durch den Vertrag auch die Ernennung der Schiedsrichter 
nicht blos für den Fall der Verweigerung oder des Verzuges des 
1) So auch nach gem. Recht; s. Windscheid §. 415 Not. 15. 
2) Die der N.-D. Entw. §. 1158 Abs. 2 enthielt.
	        
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