Full text: ¬Der deutsche Civilprozess (3)

Civilprozessordnung. Buch VIII. Abschn. 2. Tit. 1. 
finden und es ist stets nach §. 712 Abs. 3 der Schuldner zu be 
nachrichtigen, wenn Sachen, nemlich solche, die dem Schuld 
ner gehören (vgl. zu §. 712 I A a. E.), 
1. im Gewahrsam des Gläubigers sich befinden. Die 
Pfändung zum Nachtheil des Schuldners ist in diesem Falle möglich; 
aber der Gläubiger, der sie bei sich selbst pfänden lässt, muss durch 
den Gerichtsvollzieher bei sich selbst Besitz ergreifen oder, wenn er 
sie im Gewahrsam behalten will, die Masregeln nach §. 712 Abs. 2 
Satz 2 treffen lassen. 
2. Oder wenn sie im Gewahrsam eines Dritten sich be 
finden, s. über diesen Begriff die Bemerk. S. 215, der zur Heraus 
gabe bereit ist. Denn, wenn letzteres nicht der Fall, hat der Gläu 
biger, sei es auch noch so gewiss, dass die Sachen dem Schuldner 
gehören, kein direktes Zwangsrecht gegen den Dritten, sondern kann 
nur nach §§. 745. 746 verfahren. Der letztere Weg steht ihm aber 
auch offen, ohne dass er vorher versucht hat, ob der Dritte zur Heraus 
gabe bereit ist. 
§. 714. 
Früchte können, auch bevor sie von dem Boden ge 
trennt sind, gepfändet werden. Die Pfändung darf nicht 
früher als einen Monat vor der gewöhnlichen Zeit der Reife 
erfolgen. 
Reg.-Vorl. §. 663. Mot. S. 430. Prot. S. 384. 
In Bezug auf die Frage, inwiefern Bodenfrüchte auf dem 
Halm Gegenstand der Pfändung sein können, lauteten die 
seitherigen Rechte verschieden. Durch den ersten Satz des §. 714 
wird allgemeinhin die Pfändung der vom Boden noch nicht ge 
trennten Früchte, d. h. die selbständige Pfändung derselben, unab 
hängig von der Zwangsvollstreckung in das Grundstück, für zulässig 
erklärt ’). An dem bestehenden Recht, wonach das landwirthschaft 
liche Inventar nicht abgesondert von dem Gute gepfändet werden 
kann, ist nichts geändert worden. Natürlich schliesst dies nicht aus, 
dass sie zugleich mit dem Grundstück von der Zwangsvollstreckung 
ergriffen werden. Bereits getrennte Früchte sind selbstverständlich 
bewegliche körperliche Sachen, die ohne Weiteres als solche der 
Pfändung unterliegen. Die Bestimmung bezieht sich auf alle natür 
1) Vgl. dagegen die R.-P.-O. von 1577, deren Verbot des Verkaufs von 
Früchten auf dem Halme freilich nach den Partikularrechten häufig abgeschafft war.
	        
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