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Civilprozessordnung. Buch VIII. Abschn. 1.
Fortsetzung des Prozessverfahrens zu dulden braucht, insoweit durch
§. 695 aufgehoben wird.
Vgl. über ein anderes Verfahren nach Landesrecht zur Ordnung
der Nachlassangelegenheiten Einf.-Ges. §. 15 Nr. 3.
§. 695.
Der als Erbe des Schuldners verurtheilte Beklagte kann
die Rechtswohlthat des Inventars nur geltend machen, wenn
ihm dieselbe im Urtheile vorbehalten ist.
Reg.-Vorl. §. 644. Mot. S. 416.
Ueber die Bedeutung der Rechtswohlthat des Inventars für den
Prozess herrschen, namentlich im preussischen Recht ’), Zweifel; beson
ders darüber, ob aus demselben erst in dem Exekutionsstadium eine
Einrede entnommen werden kann. DieC.-P.-O. unterscheidet in den
§§. 695. 696 verschiedene Fälle.
Hier in §. 695 wird der Fall in Betracht gezogen, wo das Ur
theil gegen den Erben des ursprünglichen Schuldners er
lassen worden ist; sei es, dass von Haus aus die Klage gegen
den Erben gerichtet wurde, sei es, dass dieser erst später an Stelle
des Erblassers in den Prozess (§§. 217. 223) eingetreten war.
Um zu dem Vorbehalt im Urtheil zu gelangen, muss der Erbe in
dem Prozess sich auf die Rechtswohlthat berufen und seinen Anspruch
auf dasselbe darlegen. Wenn auch jedem Erben an sich die betreffende
Befugniss zusteht, so ist immerhin denkbar, dass die Existenz, z. B.
durch die Behauptung, dass die Wohlthat durch Erwirkung einer
Deliberationsfrist verloren gegangen sei * 2), von dem Gegner bestritten
wird. Soviel ist gewiss, dass das Prozessgericht nicht von Amtswegen
den Vorbehalt zu machen hat. Wird aber Antrag erfordert, so kann
Streit entstehen und das Gericht hat darüber, ob die Rechtswohlthat
begründet sei, zu entscheiden.
Wenn hier von Vorbehalt die Rede, so ist die Meinung die,
dass das Prozessgericht nicht nöthig hat, zu untersuchen, ob die that
sächlichen Bedingungen des (in abstracto) vorhandenen Benefizial
rechts erfüllt sind. Der Benefizialerbe hat innerhalb bestimmter Zeit
und in bestimmter Form ein Inventar zu errichten und eventuell den
1) Koch, Prozessord. S. 665. Not. 27. Auch nach gem. Recht, ähnlich
wie bei dem beneficium competentiae; Endemann, §. 255 Not. 11.
2) Windscheid §. 606 Nr. 4.