§. 121. Zeit der Erfüllung.
4. Befreiung von Verbindlichkeiten.
§. 120.
Im Allgemeinen.
Wie es eine Reihe allgemeiner Rechtsinstitute giebt, welche
die Begründung von Verbindlichkeiten zum Hauptzweck haben, so
hat sich eine Reihe anderer Rechtsinstitute ausgebildet, welche im
Wesentlichen den Zweck haben, bestehende Verbindlichkeiten aufzu
heben. Ebenso wenig, wie aber alle im vorigen Abschnitt betrach
teten Rechtsinstitute stets den Zweck haben, Verbindlichkeiten zu
begründen, eben so wenig haben auch alle in diesem behandelten
Rechtsinstitute den ausschließlichen Zweck, von Verbindlichkeiten zu
befreien; vielmehr kommen sie vielfach sowohl solvendi als cre
dendi causa vor. Jedoch bleibt der Hauptgesichtspunkt immer
der der Erfüllung von Verbindlichkeiten, und der andere Gesichts
punkt der Begründung einer Verbindlichkeit ist ein ausnahmsweiser
oder ein mehr oder weniger nebensächlicher. Eine Zahlung kann
sowohl den Zweck haben, eine Verbindlichkeit aufzuheben, als auch
den, eine Verbindlichkeit zu begründen, z. B. beim Geben eines Dar
lehns. Der erste Fall ist aber der weitaus gewöhnlichere. Ebenso
kann ein Wechsel sowohl den Zweck haben, eine Schuld zu tilgen,
als eine Verbindlichkeit zu begründen. Regelmäßig aber dient er
dazu, eine Schuld zu tilgen. Für den Fall, daß ein Rechtsgeschäft
den Zweck hat, eine Schuld zu tilgen, eine Verbindlichkeit zu er
füllen, haben sich einige allgemeine Grundsätze ausgebildet, welche
in den folgenden Paragraphen zunächst dargestellt werden sollen,
ehe wir zu den einzelnen Rechtsinstituten übergehen.
§. 121.
Zeit der Erfüllung.
Es sind zwei Fälle zu unterscheiden.
1) Die Zeit der Erfüllung ist durch die Parteien nicht fest
gesetzt.
In diesem Falle kann die Erfüllung jederzeit gefordert und
resp. geleistet werden, wenn nicht usancemäßig oder nach den Um
ständen ein Anderes anzunehmen ist!). Subsidiär bestimmt das
*) H. G. B. 326. Einfges. §. 30. l. 137 §. 2. 3 D. de V. O. (45, 1).
O. G. E. i. S. Braunschw. Bank w. Hagens v. 13. Febr. 1860.