Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (6)

VI. Provinz Hannover. 
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in den wenigen Jahren, so weiss niemand sie recht anzugeben. Es haben 
in diesen Jahren weder grosse Missernten, noch Hagelwetter, noch solche 
Überschwemmungen stattgefunden, die einen allgemeinen Schaden herbei 
führen konnten, es sind auch keinerlei kostspielige Meliorationen, Drainagen, 
Verkoppelungen u. dergl. vorgenommen und nur wenige etwa mit grolsen 
Kosten verbundene Anlagen von Wegen, Chausseen etc. gemacht worden. 
Allerdings sind ein paar Ortschaften von erheblichen Bränden heimgesucht 
worden, aber sie gehörten zu den wohlhabenden Gemeinden und haber 
deswegen ihre Schuldenlast nicht sehr erheblich zu vermehren brauchen. 
Wenn ferner auch anzunehmen ist, dafs es nicht wenige Bauern giebt, 
welche ihre Schulden im Grundbuche stehen lassen, aber ihr Kapitalvermögen 
in der Sparkasse und in Staatspapieren anlegen, um der Steuerpflicht zu 
entgehen, so wird dies doch zum gröfsten Teile wieder durch Schulden auf 
gewogen, die aufser den eingetragenen bestehen. Es müssen also andere 
Gründe vorhanden sein, aus denen sich die Schuldenvermehrung erklären lälst. 
Ein Teil derselben wird sich daraus erklären lassen, dass mit dem 
Jahre 1875 die Befreiung der Bauern von der Einholung regimineller Ge 
nehmigung zur Verpfändung ihrer Höfe eingetreten ist, wahrscheinlich sind 
viele Schulden in den ersten Jahren nachher eingetragen, welche vorhei 
beim Mangel der Genehmigung oder, weil man diese nicht nachsuchen mochte 
nicht eingetragen werden konnten. 
Einen weitern Grund habe ich oben schon berührt, dafs nämlich die 
Bauern in unvernünftiger Weise Ländereien zu einem nicht im Verhältnis 
zum Ertrage stehenden Preise angekauft haben, ohne im Besitze der er 
forderlichen Geldmittel zu sein, die sie also anleihen und verzinsen mulsten. 
Die Hauptschuld liegt aber meines Erachtens in der überall auch im 
Bauernstande immer weiter um sich greifenden Erhöhung der gesamten 
Lebensführung. Der früher bedürfnislose Bauer, der selber am meisten 
arbeitete, gewöhnt sich nachgerade allerhand Bedürfnisse an, die er früher 
nicht kannte, und wird, da er in vielen Dingen nicht klüger als ein Kind 
ist, von allen Seiten ausgenutzt. Würden mit dem Steigen der Lebens 
bedürfnisse auch die Erträgnisse des Bodens gesteigert, so liesse sich nichts 
dagegen einwenden, hier aber gerade steht das Mifstrauen der Bauern gegen 
jede Neuerung, die Schwerfälligkeit und Gleichgültigkeit gegen wohlmeinende 
Ratschläge hindernd im Wege, die Einnahmen bleiben dieselben, die Aus 
gaben steigern sich. 
Daneben hört man auch nicht selten die Behauptung, dass gerade ir 
den bäuerlichen, einstmals wohlhabenden Kreisen die Spekulation in Staats 
und Industriepapieren um sich gegriffen und gewaltige Verluste herbeige 
führt habe. 
Die Wahrheit dieser Behauptung ist auch vom Vormundschaftsrichter 
in einzelnen Fällen bei Einreichung des Inventars festgestellt worden, und 
es ist wohl anzunehmen, dass Anleihen gemacht sind, lediglich um des Zins 
und Kursgewinnes halber unsichere Papiere anzukaufen. 
Überhaupt glaube ich sagen zu können, dass die bäuerliche Bevölkerung
	        
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