Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (6)

Die Vererbung des bäuerlichen Grundbesitzes. 
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das Anerbenrecht mit seinen die Vererbung bis ins einzelne regelnden 
Rechtssätzen früher fast gar nicht verbreitet war. *) 
§ 31. C. Die Vererbung im Gebiet der Realteilungssitte. 
Im Gebiet der Realteilungssitte macht sich bei der Vererbung nur in 
geringem Masse das Streben bemerkbar, den Grundbesitz in der Hand eines 
leistungsfähigen Nachfolgers zu erhalten, vielmehr tritt, wie ein Bericht 
erstatter sich zutreffend ausdrückt, 2) „der Familiensinn hinter den vorherrschen 
den Egoismus der einzelnen zurück.“ Infolgedessen wird im Erbgang der 
Grundbesitz in der Regel zersplittert. 
Das geltende Recht — sowohl das gemeine Recht wie das preufsische 
Landrecht — entspricht insofern durchaus der Rechtsanschauung, es be 
fördert daher die Teilungen. Mancher Bauer wünscht wohl den Grundbesitz. 
den er im Laufe eines langen arbeitsreichen Lebens erworben hat, seiner 
Familie dauernd zu erhalten, aber es ist ihm unmöglich, weil er mangels 
eines gesetzlichen Anhalts oder einer entsprechenden Erbsitte Bedenken trägt, 
eines seiner Kinder vor den anderen zu bevorzugen: er fürchtet die Vor 
würfe nicht nur der Kinder, sondern auch der Nachbarn. Wenn daher auch 
zeitweilig ein grösserer Besitz in einer Hand vereinigt wird, so zerfällt er 
doch in der Regel nach dem Tode des Eigentümers. 
Schon aus diesem Grunde — abgesehen von den anderen, oben 3) be 
ist die Höferolle fast gar nicht benutzt 
reits hervorgehobenen Gründen  
worden, obgleich speziell in den Kreisen Duderstadt, Ilfeld und Münden, 
in denen anscheinend am meisten Parzellierungen im Erbgang stattfinden, 
die Behörden sowie die landwirtschaftlichen Vereine sich um die Einbürgerung 
der Höferolle sehr bemüht haben. „Versuche“, sagt das A.-G. Ilfeld, „An 
träge auf Eintragung zu erwirken und die Bewohner des Bezirks zu einer 
grösseren Zusammenhaltung ihres Grundbesitzes zu veranlassen, sind ohne 
Erfolg geblieben. Sie lehnen das ab mit der Begründung: Uns ist ein Kind 
so lieb, wie das andere.“ 
Die Formen der Vererbung sind Übergabevertrag, Testamente, Ehe 
stiftung bezw. Erbvertrag, Intestaterbfolge. Letztere überwiegt anscheinend 
in einzelnen Bezirken.4 
Ehestiftungen werden regelmässig geschlossen im Gebiet des gemeinen 
Rechts; 5) im Eichsfeld, wo das preufsische Landrecht gilt, sind sie unbekannt. 
Die Ursache hiervon liegt offenbar darin, dass das preufsische Recht den 
überlebenden Ehegatten, indem es ihm mindestens Kindesteil vom Vermögen 
des verstorbenen Ehegatten zuweist, besser schützt als das gemeine Recht. 
Der Inhalt der Ehestiftungen ist im Kreis Münden — nach einem 
*) Vgl. oben S. 48 und S. 145. 
2) Duderstadt. 
3) S. 155/6, vgl. auch oben § 12 und Anlage II. 
*) Duderstadt, Herzberg, Münden. 
5) Göttingen, Münden, Northeim. 
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