Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (6)

VI. Provinz Hannover. 
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1874 und 1880, endlich die irrige Vorstellung, dafs die Eintragung in die 
Höferolle durch eine spätere Verfügung in ihren Rechtsfolgen nicht auf 
gehoben oder modifiziert werden könne. 
Hinzu kommt wohl vor allem, dass ein Anerbenrecht früher nur aus 
nahmsweise bestanden hat, sowie dafs eben deswegen zu der Zeit keine 
Eintragungen in die Höferolle erfolgen konnten, in welcher am meisten für 
die Benutzung der Höferolle agitiert wurde.1 
Jedenfalls ergiebt sich aus unserer Darlegung, dafs auch in den hier 
behandelten Teilen des Landgerichtsbezirks Göttingen das Prinzip des Höfe 
gesetzes besser mit der Rechtsanschauung des Volkes übereinstimmt, als das 
gemeine Recht: es herrscht unzweifelhaft die Anerbensitte. 
Die Bevorzugung des Anerben tritt aber um so mehr hervor, als in 
vielen Gegenden ein starker Anreiz zu Parzellierungen besteht. Denn ein 
Teil des Landes ist sehr fruchtbar und gestattet bei kleinem Besitz eine sehr 
hohe Kultur, ein anderer Teil ist zwar minder fruchtbar — besonders die 
Gebirgsgegenden, wie der Solling —, wird aber von einer dichten Bevölkerung 
bewohnt, die in den zahlreichen Forsten und Bergwerken, auch wohl in 
Fabriken, Arbeit findet und naturgemäls das Bestreben hat, eigenen Grund 
besitz zu erwerben. 
Infolgedessen ist anscheinend überall die Differenz zwischen den Preisen 
der Güter beim Verkauf im ganzen und beim Verkauf in Parzellen ein sehr 
bedeutender. 
Das A.-G. Uslar bemerkt hierüber: „Ein anderes Moment ist der Ver 
erbung des ländlichen Grundbesitzes entgegengetreten, bis jetzt allerdings 
noch in geringem Mafse, das Missverhältnis, in welchem sich der Nutzungs 
wert eines Grundstücks in Gesamtbewirtschaftung gegenüber dem Verkaufs 
wert oder selbst Verpachtungswert im einzelnen befindet. 
Man wird zwei Gruppen von Käufern oder Pächtern annehmen dürfen, 
welche ein Grundstück im einzelnen höher verwerten können, als es in Ge 
samtbewirtschaftung geschehen kann. 
Die ländlichen Arbeiter, namentlich auch Steinbruchs-, Waldarbeiter etc., 
können die sonst unausgenutzte Arbeitskraft ihrer Frauen und heranwachsen 
den Kinder in der Bearbeitung kleiner, angemessener Grundstücke verwerten, 
sie haben die Arbeitskräfte für Acker- und Kleinviehbesorgung frei. 
Ebenso können Besitzer, namentlich die der Zwergwirtschaften, die 
überschüssigen Spann- bezw. Arbeitskräfte für neu erworbene Grundstücke 
verwenden. 
Für manche der zu kleinen Wirtschaften ist die angemessene Ver 
gröfserung Lebensfrage. 
Es liegt auf der Hand, dass es für einen schwer durch Hypotheken 
belasteten Besitz eine grofse Versuchung ist, jene Verhältnisse zum Verkauf 
zu benutzen. 
Das Amtsgericht erläutert seine Ansicht an einem Beispiel: 
*) Vgl. oben S. 48 und 145.
	        
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