Die Vererbung des bäuerlichen Grundbesitzes.
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giebt sich, dass in 4 von 7 Fällen der faktische Erbteil des Anerben den
nach dem Höfegesetz berechneten Erbteil übersteigt, in den anderen 3 Fällen
bleibt der faktische Erbteil hinter dem Erbteil nach Höfegesetz, wenn auch
nicht sehr beträchtlich, zurück, übersteigt aber noch den Intestaterbteil.
Mit Recht hebt daher der Bericht des Landgerichtspräsidenten als auf
fällig hervor, dass trotz des scharf ausgeprägten Zuges nach Erhaltung des
Grundbesitzes in der Familie so wenig Eintragungen in die Höferolle
folgt sind.
Allerdings findet man, wenn man den ganzen Landgerichtsbezirk, ab
gesehen vom Harz, in Betracht zieht, *) weit mehr Höfe in dem Gebiet des
geschlossenen Besitzüberganges eingetragen, als im Realteilungsgebiet, aber
183 — ist doch überhaupt eine sehr geringe.
die Zahl der Eintragungen
78 — entfällt zudem auf einen verhältnis
ein erheblicher Teil derselben
mässig kleinen Bezirk, den Bezirk des A.-G. Reinhausen, und ist hier nach
Angabe des Landrats auf die Thätigkeit eines später versetzten Amtsrichters
zurückzuführen, der sich für die Eintragungen in die Höferolle ganz be
sonders interessierte.
Das A.-G. Österode berichtet ausdrücklich, die Gepflogenheit der länd
lichen Grundbesitzer gehe dahin, trotz der Eintragung des Hofes in die
Höferolle die ihnen zweckmässig erscheinenden Verfügungen durch Über
gabevertrag oder Testament zu treffen, auch die Intestaterben pflegten sich
über die von dem Annehmer zu zahlenden Abfindungen lieber zu verständigen,
als dieselben nach den umständlichen Bestimmungen des Höfegesetzes zu
berechnen. Ebenso klagt das A.-G. Reinhausen über die Schwierigkeit und
Kostspieligkeit des Verfahrens.
Der Landgerichtspräsident erklärt die Unterlassung der Eintragung aus
ähnlichen Gründen, wie sie anderwärts als massgebend beobachtet worden
sind: 2) Mangel an Initiative bei der ländlichen Bevölkerung, die die amt
liche Initiative von jeher gewohnt sei, völlige Unkenntnis der Gesetze von
nur mit No. 4 ist nebensächlich eine kleine Dorfmüllerei und der Betrieb einer Dresch
maschine verbunden.
Der Berichterstatter bemerkt, daßs die Zahlen im grossen und ganzen den wirklichen
Verhältnissen entsprechen dürften. Nur der in der letzten Spalte berechnete Erbanteil nach
dem Gesetz vom 2. Juni 1874 sei zu niedrig, da nicht der Vorteil in Rechnung gezogen sei,
welcher nach jenem Gesetz dadurch dem Anerben erwachse, dass zur Ermittelung des Hofes
wertes der Jahresertrag nur mit dem Zwanzigfachen zum Kapital gerechnet werde. Änderer
seits werde der angegebene Kapitalbetrag der Altenteile gegenüber der Wirklichkeit zu hoch
sein, weil die aus den eigenen Erträgnissen des Hofes aufzubringenden Leistungen nicht
voll gerechnet werden könnten und in fast allen Fällen, wenigstens solange Friede zwischen
Altenteiler und Annehmer herrscht, der vereinbarte Altenteil nicht annähernd voll, häufig
kaum zur Hälfte gefordert bezw. geliefert werde.
*) Vgl. oben S. 146 ff. und Anlage II. Von den 183 Eintragungen im Landgerichts
bezirk Göttingen entfallen auf den Amtsgerichtsbezirk Einbeck 25, den Amtsgerichtsbezirk
Reinhausen 78, den Amtsgerichtsbezirk Uslar 12, zusammen 115, auch im Bezirk des A.-G.
Österode entfallen die meisten Eintragungen — 49 — auf das alte Amt Westerhof, nur
3 Eintragungen (im Dorf Eisdorf) auf das alte Amt Österode, das Realteilungsgebiet.
2) Vgl. oben § 12.