Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (6)

Die Vererbung des bäuerlichen Grundbesitzes. 
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lebenden Ehegatten als auf der Geest. Hier herrscht mit wenigen Aus 
nahmen das gemeine Dotalrecht, dort nur in einzelnen Gegenden; im alten 
Land, im Land Hadeln und im Land Wursten gilt eheliche Gütergemein 
schaft, in Ostfriesland das preufsische Allgemeine Landrecht. 
Wie auf der Geest, zeigt sich aber auch auf der Marsch das Bestreben, 
dem überlebenden Ehegatten eine bessere Fürsorge zukommen zu lassen, 
als in dem geltenden Recht vorgesehen ist. Aus diesem Grunde werden 
sowohl in Ostfriesland, wie in den Elb- und Wesermarschen vielfach letzt 
willige Verfügungen errichtet. 1) 
Das Fehlen von Ehestiftungen in denjenigen Gebieten, in denen die 
eheliche Gütergemeinschaft nicht gilt, 2) deutet allerdings darauf hin, dass auf 
der Marsch eine Sicherstellung des überlebenden Ehegatten nicht für so 
unumgänglich erforderlich gehalten wird, wie auf der Geest. Vielleicht hängt 
dies damit zusammen, dass das unter der ländlichen Bevölkerung, namentlich 
in dem eigentlichen Bauernstande, allenthalben wahrnehmbare Bestreben, 
nach Geld zu heiraten, in der Marsch besonders stark hervortritt, 
„Die Hausmannsfamilien“  
sagt ALLMERS 3) von den Elb- und Weser 
marschen, und dasselbe gilt auch für Östfriesland — „verbinden sich fas 
ausschliefslich mit Ebenbürtigen. Meistens aber geschehen die Verheiratungen 
in der Familie selbst, damit Geld und Gut ja recht zusammengehalten werden. 
Denn das ist in der Marsch mit äufserst seltenen Ausnahmen doch bei allen 
Verbindungen das erste Hauptstück: „De Leefde will woll nakamen“ heifst 
es dann gewöhnlich zur Beruhigung. 
Es pflegt also in der Marsch bei der Verheiratung regelmässig Geld 
zu Geld zu kommen. Dabei sucht sich der Marschbauer seine Braut mit 
Vorliebe aus seiner engeren Heimat. Bei der namentlich unter den eigent 
lichen Bauernfamilien im allgemeinen herrschenden Wohlhabenheit sind in 
folgedessen oft auch diejenigen Ehegatten, welche keinen Grundbesitz mit in 
die Ehe bringen, so gestellt, dass sie eines besonderen Schutzes wegen 
mangelnden Erbrechts nicht bedürfen. 
Interimswirtschaften fehlen in der Marsch fast ganz, in der Österstader 
Marsch, in der sie allein erwähnt werden, sind sie auch nur selten. 
Schärfer noch unterscheiden sich Marsch- und Geesterbsitte in den 
Bedingungen, unter welchen herkömmlich der Grundbesitz an einen der 
Deszendenten des Erblassers übergeht. 4 
Auf der Marsch erfolgt eine geldwirtschaftliche Regelung der Erbfolge. 
Demgemäls sind Altenteile hier Ausnahme, auf der Geest Regel. Auf 
*) Vgl. oben S. 110, 120, 124, 129, 136, 137. 
2) Nur in der Österstader Marsch finden sich häufig Ehestiftungen, vgl. oben S. 137. 
dagegen S. 110, 123, 128, 136. 
3) Marschenbuch S. 156/7. 
*) In dieser Hinsicht bilden aber das alte Land und die Österstader Marsch sehr be 
merkenswerte Ausnahmen. Denn hier sind Übergabeverträge unter Vorbehalt eines Alten 
teils und unter erheblicher Bevorzugung des Übernehmers üblich, hier herrscht mithin eine 
Anerbensitte, vgl. oben § 21 und 27, sowie unten § 34.
	        
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