Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (6)

Die Vererbung des bäuerlichen Grundbesitzes. 
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oder es wird eins der Kinder direkt zum Haupterben eingesetzt mit der 
Verpflichtung zur Alimentation des überlebenden Ehegatten und zur Ab 
findung der übrigen Kinder. 
Dals der Hofbesitzer den Hof bei Lebzeiten abgiebt, ist nicht sehr häufig. 
Geschieht dies, so wird bei grösseren Höfen fast niemals ein Altenteil aus 
bedungen, in der Form, wie dies sonst üblich ist, vielmehr wird der Hof. 
wenn der Besitzer sich, sei es wegen Altersschwäche oder Krankheit, zurück 
ziehen will, demjenigen der Kinder, welches den Hof übernehmen soll, ver 
pachtet oder verkauft. Der alte Wirt lebt dann von der Pachtsumme oder 
von den Zinsen der Kaufsumme, aufserdem von den Zinsen des sonstigen 
Vermögens, welches er regelmässig hinter sich behält. Nach seinem Tode 
tritt die gesetzliche Erbfolge ein, falls nicht schon bei der Übergabe Be 
stimmung über die Verteilung der Übernahmesumme getroffen ist. 
Die Besitzer kleinerer Stellen schliefsen dagegen in der Regel mit 
ihrem Nachfolger einen sogenannten Übertragungs- oder Alimentationskontrakt, 
welcher im wesentlichen den gleichen Inhalt hat, wie ein Übergabevertrag 
mit Vorbehalt des Altenteils.*) Es handelt sich dann aber meist, wie bereits 
bemerkt, nicht um selbständige bäuerliche Wirte, sondern um Stellbesitzer, 
welche nicht ausschliefslich von der Landwirtschaft leben, sondern nebenher 
als Arbeiter, Handwerker und dergl. thätig sind. Daher werden gewöhn 
lich keine eigentlichen Altenteile, bezw. Geldrenten, sondern nur lebenslängliche 
Wohnung und Verpflegung, sowie ein angemessenes Begräbnis vereinbart.? 
Sei es, dass der Hof bei Lebzeiten an den Nachfolger übergeht, sei es, 
dals der Übergang auf Grund eines Testaments oder der Vereinbarung der 
Miterben stattfindet, eine Zerstückelung des Besitzes tritt nur ausnahms 
weise ein. 
Am ehesten wohl dann, wenn der Platz zur öffentlichen Versteigerung 
kommt. Denn dabei wird er oft zuerst in Parzellen ausgeboten, gewöhnlich 
bleibt er aber auch dann geschlossen. 
Es kommt auch vor, dass zwei oder mehrere Höfe, die in der Hand 
eines Besitzers vereinigt waren, im Erbgang wieder an verschiedene Besitzer 
gelangen, auch werden wohl hier und da besonders grosse Plätze zerschlagen, 
um für zwei Familien Besitzungen zu schaffen, aber in solchen Fällen 
tritt keine eigentliche Zerstückelung des Grundbesitzes ein, 3) und sie sind 
nur selten. 
Speziell vom A.-G. Berum wird angegeben, es sei in seinem Bezirk 
seit dem 1. Januar 1887 nur einmal bei einer Vererbung an Deszendenten 
der Grundbesitz geteilt worden. Eine eigentliche Zersplitterung hat indes 
auch hierbei nicht stattgefunden. Es haben nämlich von zahlreichen Kindern 
zwei den Hauptbesitz gemeinschaftlich behalten, und es sind nur solche Grund 
stücke, welche wirtschaftlich ungünstig zum Platzgebäude lagen, getrennt vom 
’) Leer, Norden, vgl. oben § 14. 
2) Leer, Norden. 
3) Vgl. oben S. 66. 
Kee
	        
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