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§ 1305 (1443 Abs. 3).
Der Anspruch auf Scheidung wegen böslicher Verlassung wird hin
fällig, wenn der schuldige Ehegatte die Gemeinschaft des ehelichen Lebens
wieder herstellt. Ist jedoch bei demselben die Ernstlichkeit einer auf
dauernde Wiederherstellung gerichteten Absicht zweifelhaft, so kann das
Gericht die Entscheidung bis zur Dauer von zwei Jahren aussetzen.
Wird in einem Falle der in § 1304 unter Nr. 1 bezeichneten Art
während des Scheidungsprozesses der Aufenthaltsort des Verklagten bekannt,
so kann der klagende Ehegatte, ohne daß es einer neuen Klage bedarf,
Verurtheilung des Verklagten zur Herstellung des ehelichen Lebens oder zur
Gewährung der in § 1304 Abs. 4 erwähnten Mittel beantragen.
§ 1306.
Ein Ehegatte kann Scheidung verlangen, wenn der andere Ehegatte
unheilbar geisteskrank ist und die Krankheit einen solchen Grad erreicht
hat, daß die geistige Gemeinschaft unter den Ehegatten dauernd ausge
schlossen ist.
Die Erhebung der Klage ist erst nach Ablauf eines Jahres seit Ent
mündigung des geisteskranken Ehegatten zulässig.
§ 1307 (1444).
Ein Ehegatte kann Scheidung verlangen, wenn der andere Ehegatte
durch schwere Verletzung der ihm obliegenden ehelichen Pflichten, durch schwere
dem Ehegatten zugefügte Mißhandlungen oder durch ehrloses oder unsittliches
Verhalten, insbesondere durch entehrende Verbrechen oder Vergehen das ehe
liche Verhältniß in der Art gestört hat, daß dem anderen Theile die Fort
setzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann
In Fällen dieser Art ist jedoch in der Regel zunächst auf Trennung
der Ehegatten von Tisch und Bett zu erkennen.
Auch wenn völlige Scheidung beantragt ist, hat in den geeigneten
Fällen das Gericht von Amtswegen die Trennung von Tisch und Bett an
deren Stelle zu setzen.
§ 1308 (1444, 1459).
Die Zeit der Trennung von Tisch und Bett ist im Urtheile zu be
stimmen. Sie kann nicht auf länger als zwei Jahre bestimmt werden
§ 1306. Daß unheilbare Geisteskrankheit als Ehescheidungsgrund gelten
müsse, habe ich bereits in der „Beurtheilung“ vertreten. Neuerdings ist es auch
von anderer gewichtiger Seite vertreten worden.
§ 1307. Ich lege das größte Gewicht darauf, daß die Klage auf Trennung
von Tisch und Bett und auf völlige Scheidung nicht, wie der Entwurf es will
als verschiedene Klagen, die einander ausschließen, gelten, sondern daß die
Trennung von Tisch und Bett nur als ein Vorstadium der Scheidung betrachtet
wird, dergestalt, daß der Richter auch von Amtswegen, statt der gebotenen völligen
Scheidung, auf Trennung von Tisch und Bett erkennen kann. Neben der all
gemeinen Einführung der Trennung von Tisch und Bett dürfte es sich übrigens
empfehlen, den § 580 der CPO. ganz zu beseitigen. Denn dieser Paragraph
enthält nichts anderes, als ein processualisches Ersatzmittel für die Trennung von
Tisch und Bett.