Full text: Gegenentwurf zu dem Entwurfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1)

§ 22 (20). 
In den Fällen des § 21 bedarf es für das erstinstanzliche Ver 
fahren keiner Mitwirkung eines Rechtsanwaltes. Es bedarf keines öffent 
lichen Aufgebots. Die nach Vorschrift des § 13 Abs. 2 zu erlassende Ladung 
ist durch Anheftung an die Gerichtstafel bekannt zu machen. Es genügt, 
wenn zwischen deren Veröffentlichung und dem Termine ein Zeitraum von 
6 Wochen liegt. 
§ 23. 
In den Fällen des §. 21 begründet die Todeserklärung die An 
nahme, daß der Verschollene an dem Tage verstorben sei, wo das Ereigniß, 
das muthmaßlich seinen Tod verursachte, stattgehabt hat. Läßt sich die 
Zeit dieses Ereignisses nicht mit zureichender Gewißheit bestimmen, so ist 
der letzte Tag, wo den obwaltenden Umständen nach dasselbe eingetreten sein 
kann, als der Todestag anzusehen. 
Der Abs. 2 des § 20 findet auch hier Anwendung. 
§ 24. 
Erweist sich nach der Todeserklärung der Verschollene noch als 
lebend, so tritt er in seine Rechte wieder ein, soweit nicht das Gesetz ein 
Anderes bestimmt. 
Titel 4. Wohnsitz. 
§ 25. 
Der Wohnsitz eines Menschen wird durch den Ort bestimmt, wo 
er seinen regelmäßigen Aufenthalt hat. 
Jemand kann gleichzeitig an mehreren Orten den Wohnsitz haben. 
Es verliert jemand seinen bisherigen Wohnsitz, wenn er den Ort 
verläßt und an einem anderen Orte den Wohnsitz nimmt. 
§ 23. Die Fälle der fraglichen Art können in doppelter Weise liegen. 
Entweder die Umstände weisen darauf hin, daß der Verschollene an einem bestimmten 
Tage gestorben sei. Z. B. es ist ein Soldat nach einer Schlacht, die er mitgemacht 
hat, vermißt worden, ohne daß man seine Leiche gefunden hat. Es hat jemand 
sich auf einem Schiffe befunden, das einen heftigen Sturm erlitten hat, und wenige 
Tage nachher sind Trümmer des Schiffes gefunden worden. Dann ist das natur 
lichste, anzunehmen, daß der Soldat in der fraglichen Schlacht, das Schiff mit seinen 
Insassen in dem Sturme zu Grunde gegangen ist. Und dann ist es angezeigt 
diesen Tag als den Todestag festzustellen. Verschwindet aber ein Soldat im Laufe 
des Krieges, man weiß nicht genau, von welchem Zeitpunkte an; kommt ein ab 
gefahrenes Schiff nicht wieder zum Vorschein, man weiß aber nicht, welches Schicksal 
es betroffen hat, dann ist es angezeigt, den Tod des Soldaten an das Ende der 
Feindseligkeiten, der Untergang des Schiffes an den Ablauf eines Jahres (§ 16 
Abs. 2) geknüpft sich zu denken. Natürlich liegt hierin eine gewisse Willkür. Aber 
ohne eine solche ist nun einmal nicht auszukommen. Und jedenfalls ist dieselbe 
gar nicht zu vergleichen mit der Willkür, die darin liegt, den Tod als mit dem 
gerichtlichen Ausspruch erfolgt anzunehmen. 
Titel 4 d. E. „Verwandtschaft und Schwägerschaft“ist weggeblieben, weil 
diese Begriffsbestimmungen nicht in ein Gesetz, sondern in ein Lehrbuch gehören. 
Die einzige positive Vorschrift, die in § 33 d. E. enthalten ist, wird besser an der 
Stelle, wo sie zur Anwendung kommt, gebracht werden. 
§ 25. Abs. 3 enthält die wesentliche Abweichung von dem Entwurfe, daß 
der einmal begründete Wohnsitz durch Verlassen desselben nur aufhören soll, wenn
	        
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