I. Oberlandesgerichtsbezirk Köln.
zutragen oder doch erheblich zu verringern. Berücksichtigt wird ferner bei
der Kaufpreisnormierung der Umstand, dass alle Familienglieder auch nach
stattgehabter Auseinandersetzung das elterliche Gut noch immer als ihre
Heimat zu betrachten pflegen und dort sich mit den Ihrigen zu gewissen
Zeiten auf mehr oder minder kurze Zeit einzufinden pflegen, wodurch dem
Gutsübernehmer oft erhebliche finanzielle Opfer erwachsen. Wird der Guts
verkauf zu Lebzeiten der Eltern oder auch nur eines Elternteils abgeschlossen,
so pflegt den Eltern bezw. dem Überlebenden derselben die lebenslängliche
Nutzniefsung des Gutes eingeräumt zu werden; der Kaufpreis dagegen wird
dem Ankäufer und dessen Geschwistern in Anrechnung auf deren zukünftige
Erbteile gleichmässig überwiesen, mit der Massgabe, dass der Ankäufer die
an seine Geschwister zu entrichtenden Kaufpreisteile erst nach dem Tode
des längstlebenden Elternteils in langjährigen Terminen zu entrichten und
von diesem Tage an zu verzinsen hat. Der Zinsfufs pflegt 4% nicht zu
übersteigen. Meist macht der Ankäufer von der ihm gewährten Stundung des
Preises keinen Gebrauch, indem er bei einem Kreditinstitute (namentlich
bei der Landesbank der Rheinprovinz in Düsseldorf) ein Amortisationsdar
lehen aufnimmt, wodurch er sich beispielsweise bei einer Amortisation von
1½% pro Jahr und einer Verzinsung von 3½% pro Jahr (Zinsfuls der
erwähnten Landesbank), also durch jährliche Zahlung von 5% des Kapitals
in 36 bis 37 Jahren von seiner ganzen Schuld zu befreien vermag. Findet
die Gutsübertragung ohne Zuziehung der Geschwister des Gutsübernehmers
statt, so wird zur Sicherung der Intention der Vertragschliefsenden regel
mässig eine Bestimmung folgenden Inhalts in den Vertrag aufgenommen:
„Verkäufer erklärt, dass er dem Ankäufer hiermit unter Lebenden den allen
fallsigen Mehrwert der Kaufobjekte über den stipulierten Kaufpreis hinaus
zum voraus und ausser dem Erbteile schenke, welche Schenkung Ankäufer
anzunehmen erklärt.“
„Die vorerwähnten Fälle, in welchen im Interesse der Erhaltung des
Grundbesitzes das Intestaterbrecht nicht zur Anwendung kommt, bilden jedoch
keineswegs die Regel. Allerdings je grösser der Grundbesitz ist, desto mehr
lassen sich die Bestrebungen, denselben der Familie zu erhalten und hierbei
das Intestaterbrecht zu umgehen, wahrnehmen. Jedoch kommen auch bei
unserem grösseren Grundbesitze ebenso häufig, wenn nicht häufiger, die
Fälle vor, in welchen nach den Grundsätzen des Intestaterbrechts sich
die Teilung vollzieht, indem der zum Nachlasse des Gutsinhabers gehörige
Grundbesitz durch öffentliche Versteigerung, durch Naturalteilung oder frei
händige Übertragung desselben an einen Miterben oder Fremden in der
Weise zur Verwertung gelangt, dals den Erben der volle Wert des Grund
besitzes in gleicher Weise zu gute kommt. Immerhin aber ergiebt sich aus
dem Gesagten, dass trotz der neunzigjährigen Geltung des die gleichmälsige
Teilung begünstigenden code civil der Überzeugung unseres Volkes die
Idee einer auf anderer Grundlage basierenden Vererbung des ländlichen
Grundbesitzes nicht fremd geworden ist.“
Der Amtsrichter stellt auf Grund seiner fünfzehnjährigen Erfahrung