Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (1)

I. Die thatsächliche Erbfolge. C. Gebiet der Realteilung. 
öffentliche Versteigerungen, in welchen N. nicht Cessionar ist, durch schlechte 
Kauflust der Ansteigerer sehr zu leiden haben.“ 
In den Amtsgerichtsbezirken Eitorf und Hennef ist die Naturalteilung 
ebenfalls die Regel; die wenigen Ausnahmen erklären sich durch Zufällig 
keiten. Der Amtsrichter von Hennef bemerkt: „In neuester Zeit soll untei 
dem Einflufs der agrarischen Strömungen auch in den hiesigen Gegenden 
eine gewisse Geneigtheit unter den Landwirten angeblich zu Tage treten, 
eine seitens der Gesetzgebung zu bietende fakultative Einrichtung behufs 
Zuwendung des Grundbesitzes an einen leistungsfähigen Unternehmer zu 
acceptieren. Inwieweit dies richtig ist, entzieht sich meiner Beurteilung.“ 
Im Amtsgerichtsbezirke Siegburg weichen die Meinungen der Be 
richterstatter einigermassen von einander ab. Der Notar versichert, bei 
kleinerem Grundbesitze komme fast ausnahmslos das Intestaterbrecht in 
Anwendung, beim grösseren Grundbesitze aber zeige sich nicht selten „das 
Bestreben, eine Teilung des Grundbesitzes zu vermeiden und diesen möglichst 
vollständig und unzerstückelt der Familie zu erhalten. Dieses Bestreben ge 
langt hauptsächlich in zwei Formen zum Ausdruck, nämlich in der Form 
des Testaments und in der Form des Kaufvertrags. 1. Der Gutsinhaber ver 
macht durch Testament einem seiner Kinder das ganze Gut mit der Auflage. 
an die übrigen Kinder bestimmte Abfindungsbeträge zu entrichten, und 
ordnet gleichzeitig an, dass im Falle wirksamer Anfechtung dieser Verfügung 
dem Kinde, welchem er das Gut zuwenden wollte, zum voraus und aufser 
dem Erbteile die disponible Quote seines Nachlasses zufallen solle. Die 
vorgedachten Abfindungsbeiträge werden nun so niedrig angesetzt, dafs der 
Gutsübernehmer den übrigen Kindern gegenüber als bevorzugt anzuschen 
ist. Diese Bevorzugung verfolgt aber lediglich den Zweck, es dem Guts 
übernehmer leichter zu machen, die Abfindungsansprüche seiner Geschwistei 
im Laufe der Zeit zu tilgen und so das Gut unvermindert der Familie zu 
erhalten. Die eventuelle Zuwendung der disponiblen Quote soll einmal die 
Vollziehung des Testamentes sichern, dann aber auch soll dieselbe in zweiter 
Linie, falls die prinzipale Disposition nicht zur Durchführung gelangt, das 
mit der disponiblen Quote bedachte Kind leistungsfähiger machen und hier 
durch in die Lage versetzen, bei der demnächstigem Auseinandersetzung 
das Gut event. zu übernehmen, bezw. zu erstehen. 2. Die zweite Form, in 
welcher das erwähnte Bestreben zum Ausdrucke kommt, ist die des Kauf 
vertrags, durch welchen einem Kinde das Gut zu einem bestimmten Kauf 
preise übertragen wird. Dieser Kaufvertrag wird abgeschlossen von dem 
Gutsübernehmer als Ankäufer, entweder a) mit seinen beiden Eltern, oder 
b) mit einem Elternteil und seinen Geschwistern, oder c) mit seinen Ge 
schwistern als Verkäufern, je nachdem beide Eltern noch leben oder ein 
Elternteil oder beide Eltern gestorben sind. Der Kaufpreis wird dann so 
normiert, dass er um ein Erhebliches hinter dem Werte des Gutes zurück 
bleibt. Man will es eben durch die Festsetzung eines geringen Kaufpreises 
dem Käufer ermöglichen, die Gutswirtschaft in der bisherigen Weise fort 
zuführen und mit der Zeit die von ihm übernommene Kaufpreisschuld ab-
	        
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