Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (1)

I. Die thatsächliche Erbfolge. B. Das Übergangsgebiet. 
selten vor, wenn ein Verkauf in der angegebenen Weise nicht angezeigt er 
schien, dass die zum Hofgute gehörigen Ländereien in natura geteilt und 
unter die Erben verlost wurden, während das Hof- oder Binnengut in natura 
nicht teilbar an einen oder mehrere der Erben durch Kaufvertrag über 
tragen wurde und die an dem Hofgut nicht beteiligten Erben die an sie 
anerfallenen Ackerparzellen an den Besitzer des Hofgutes entweder ver 
pachteten oder veräufserten. Hierbei wurde das Hofgut zu einem äusserst 
billigen Preise berechnet, wenn es nicht in der Nähe einer Ortschaft ge 
legen und eine Veräufserung an dritte Personen nicht thunlich war.“ (Amts 
richter von Grevenbroich). 
Landrat und Amtsrichter von München- Gladbach erklären, dals Einzel 
erbfolge nur selten vorkomme und dann unter Anrechnung des Gutes zu 
seinem vollen Werte. Dem Amtsrichter von Odenkirchen sind nur 3 Fälle 
bekannt geworden, in denen ein Gut auf eine Person bei Konkurrenz anderer 
Personen vererbt worden ist. „In dem einen Falle wurde ein Gut von 7 ha 
dem einen Sohn hinterlassen; der zweite Sohn war aber Kaufmann und 
hatte bereits zu Lebzeiten einen dem Werte des Gutes entsprechenden Baar 
betrag zur Begründung seines Geschäftes erhalten. Das dritte Kind, eine 
Tochter, erhielt die vorhandenen Kapitalien, und für den Rest ihres An 
spruches erhielt dieselbe Anweisung auf eine Herausgabe des ersteren Bruders. 
In dem zweiten Falle wurde das Gut — 15 ha — der Tochter, deren Ehe 
mann Landwirt war, übertragen, während die übrigen Kinder, die mit Kauf 
leuten verheiratet waren, mit Geld, welches die erstgenannte Tochter heraus 
zugeben hatte, abgefunden wurden. Nur in dem dritten Falle war allein 
die Absicht vorhanden, das Gut in einer Hand zu halten. Erblasser war 
aber ein kinderloses Ehepaar ohne nahe Verwandte. Wenn sonach die Ab 
sicht, den ländlichen Grundbesitz zusammenzuhalten, regelmälsig nicht zu 
Tage tritt, so erklärt sich dies insbesondere daraus, dafs nur wenige grössere 
Güter vorhanden sind und es sich meist um Parzellenbesitz handelt. Dieser 
Parzellenbesitz befindet sich aber in dem industriellen Teile des Bezirkes 
meist in der Hand von Personen — Fabrikarbeiter, kleine Geschäftleute 
die die Landwirtschaft nur im Nebenberufe treiben. In dem landwirtschaft 
lichen Teile ist der Ackerer in der Lage, den auf ihn fallenden Teil des 
Parzellenbesitzes der Eltern durch Anpachtung von Land, welches sich in 
der Hand des nicht selbst wirtschaftenden Kapitalisten befindet, selbständig 
zu bewirtschaften.“ Der Amtsrichter von Rheydt sagt: „Ein ländlicher Grund 
besitz in dem Sinne, dafs die Bewirtschaftung desselben die alleinige oder 
auch nur Hauptthätigkeit des Eigentümers bildet, ist in dem hiesigen, aus 
den Städten Rheydt und Rheindahlen bestehenden Amtsgerichtsbezirk nur in 
verschwindend geringem Masse vorhanden, grössere Güter oder Höfe fehlen 
ganz. Beide Städte bestehen aus einem grösseren Kern, um welchen sich 
zum Teil in ziemlichem Abstand eine Anzahl mehr oder minder umfangreicher, 
mit besonderem Namen bezeichneter Häusergruppen herumlegt, und der 
äufserst zersplitterte und zum Teil gartenartig angebaute Boden dient dazu, 
den in der Industrie als Arbeiter den Hauptverdienst findenden Besitzer
	        
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