I. Oberlandesgerichtsbezirk Köln.
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gehörigen Kreise Gladbach und Grevenbroich noch Übergangsgebiete. Während
die kleinen Besitzungen durchwegs naturaliter geteilt werden, bleiben die
grösseren nicht selten geschlossen. „In dem Notariatsbezirk Jüchen (der den
Kreis Grevenbroich gut repräsentiert) wurden in der Zeit vom 1. August 1888
bis 10. Juli 1894 insgesamt 236 letztwillige eröffnete Verfügungen auf
genommen, nämlich 144 Testamente, 52 Eheschenkungen und 40 eine letzt
willige Verfügung enthaltende Eheverträge. Diese enthalten teils einzeln,
teils zu mehreren vereint,
in 159 Fällen Verfügungen zu gunsten von Ehegatten,
ehelicher Deszendenten,
14
von Seitenverwandten oder Fremden.
70
anerkannter unehelicher Kinder,
6
frommer Stiftungen.
Unter den 14 Verfügungen zu gunsten ehelicher Deszendenten be
finden sich 6, die lediglich den Zweck haben, die Kollationsansprüche zu
regeln. Die übrigen 8 enthalten Bevorzugungen einzelner, nämlich 2 Be
stimmungen zu gunsten Kinder zweiter Ehe, 4 Belohnungen für Pflege und
Geschäftsführung und 2 Dispositionen zur Erhaltung des Geschäfts. Die
70 Verfügungen zu gunsten von Seitenverwandten oder Fremden rührten
sämtlich von kinderlosen Erblassern (verheiratet, verwitwet oder ledig) her.
Diese Verfügungen zeigen eine freiere Disposition über den Nachlafs als die
elterlichen Testamente und bezwecken teils die Geldabfindung entfernterer
oder entfernt wohnender Verwandten, teils Bevorzugung von Hausgenossen
und dergleichen. 21 sind wechselseitige Erbeinsetzungen zusammenwohnender
unverheirateter Geschwister. Der Zweck, den ländlichen Grundbesitz zu
sammenzuhalten, ist auch hier nirgendwo ausgesprochen und ist im all
gemeinen wenigstens eine thunlichste Anlehnung an das bestehende Intestat
erbrecht auch in der Art gesucht, dass jeder eingesetzte Erbe auch seinen
Anteil an den Ländereien erhält. Von anderen Dispositionen sind noch die
Alimentationsverträge zu erwähnen, die regelmässig nur das verfolgen, was
der Name sagt, und die Schenkteilungen des überlebenden Ehegatten zu
gunsten der Kinder. In diesen wird zur Vermeidung des Verkaufes des
elterlichen Wohnerbes dieses regelmässig unter Vorbehalt des Wohnungs
rechtes einem oder mehreren Kindern gegen eine mässige aber doch an
gemessene Herausgabe überwiesen, das Land jedoch nach gleichen Teilen
verteilt. Dispositionen über gröfsere Güter sind nicht vorgekommen und
bexieht sich alles Vorstehende auf den hier üblichen Kleinbesitz. Jedoch
auch beim Grofsgrundbesitz lehnen sich alle letztwilligen Verfügungen an
das Intestaterbrecht an.“ (Bericht des Lokalabteilungsdirektors des land
wirtschaftlichen Vereins für Rheinpreufsen, dem Berichte des Landrats bei
gefügt.) „Falls keine Bestimmungen über die Teilung des Grundbesitzes
vom Erblasser getroffen worden waren, so entsprach es der Regel bei grossem
Grundbesitze, dals das Hofgut mit den dazu gehörigen Ackerländereien an
einen oder mehrere Erben oder auch an dritte Personen öffentlich oder unter
der Hand verkauft wurde. Bei mindergrossem Grundbesitze kam es nicht