I. Die thatsächliche Erbfolge. B. Das Übergangsgebiet.
komme. Wenn dem ungeachtet unter den Besitzer des grösseren Grund
eigentums sich das Bestreben erhalten habe, die Höfe ungeteilt in eine Hand
zu vererben, so werde dabei die Gleichberechtigung der anderen Kinder
strengstens gewahrt. Infolgedessen werde auch von der in den Art. 913 ff.
des Code vorgesehenen Befugnis nur insoweit Gebrauch gemacht, als es sich
um Zuwendungen an sonst nicht erbberechtigte Verwandte oder zu Zwecken
milder Stiftungen handelt. Ein Ehrenbürgermeister aus dem Neufser Kreise
teilt mit: „Thatsächlich vollzieht sich die Vererbung im Bauernstande nicht
häufig auf Grund des Intestaterbrechtes, vielfach durch Testament, manchmal
durch Vertrag unter Lebenden, letzteres in der Form, dass der Besitzer zu
Lebzeiten sein Immobiliarvermögen verteilt oder für seinen Todesfall einem
Erben gegen Herauszahlung der anderen übergiebt. Bei der Intestaterbfolge
sowohl wie bei den Testamenten und Erbverträgen läfst sich das Bestreben
konstatieren, doch einen lebensfähigen Hof in einer Hand zu erhalten. ....
Bei ganz unbedeutendem Grundbesitz mit kleiner Wohnung findet meines
Wissens meist Intestaterbfolge statt. Wenn Intestaterbfolge eintritt, so einigen
sich bei geringer Schuldenlast die Besitzer vielfach und Einer übernimmt
den Grundbesitz, belastet sich aber mit bedeutenden Schulden.“ Der Amts
richter ist der Meinung, dafs nur bei dem grösseren, nur selten bei dem
mittleren Grundbesitz Sorge für das Zusammenbleiben des Grundbesitzes in
der Hand eines Erben getragen, kleiner Besitz dagegen stets in natura ge
teilt oder nur im äufsersten Notfalle im Falle der Unteilbarkeit verkauft werde.
Hinsichtlich des mittleren Grundbesitzes sei jedoch der meistbeschäftigte
Notar des Bezirkes, in Gegensatz zu den anderen Notaren und dem Kataster
kontrolleur, der Ansicht, dass durch Vertrag unter den Erben jetzt mehr
als früher auf Konservierung des Grundbesitzes in einer Hand hingewirkt
werde.
Ähnliche Übergangsverhältnisse herrschen im Kreise Düsseldorf; der
dortige Landrat zählt in seinem Bericht ziemlich alle möglichen Formen der
Übertragung des Grundeigentums auf die Erben als gleich häufig auf. Regel
ist nur, dass kleinere Güter, weil ein leistungsfähiger Übernehmer selten
vorhanden ist, öffentlich verkauft werden und der Erlös unter die Erben
verteilt wird, sowie dafs testamentarische Übertragung des Gutes an einen
Anerben nur in sehr vereinzelten Fällen vorkommt. Neu gegenüber den
bisher erwähnten Arten, den Grundbesitz in die Hand eines der Erben zu
bringen ist die, „dafs, falls eine Teilung zu Lebzeiten nicht stattgefunden
hat, die Kinder mittelst Bildung von Losen den Grundbesitz zunächst teilen;
der sog. Hof, d. h. die Gebäulichkeiten mit umliegendem Garten und Acker
ländereien wird noch besonders einem Erben gegen eine bestimmte Summe
übertragen, und dieser letztere strebt dann dahin, die den Geschwistern durch
das Los zugefallenen Ländereien mit der Zeit zu erwerben.“ Geographisch
scheinen sich — den Berichten der Amtsrichter und Notare zufolge — die
Erbsitten so zu verteilen, dass in der Nähe der grösseren Städte die Natural
teilung überwiegt, weiter im Lande aber der Zusammenhalt der Grund
stücke. Das erstere ist der Fall in den Amtsgerichts- und Notariatsbezirken