Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (1)

Einleitung. 
Das Gesetz vom 22. Mai 1887 betr. das Teilungsverfahren und den 
gerichtlichen Verkauf von Immobilien im Geltungsbereich des rheinischen 
Rechts bestimmt in § 9. 
„Die gemeinschaftlichen Gegenstände sind in Natur, erforderlichenfalls 
durch Verlosung der gebildeten Teile, zu verteilen, soweit dies füglich ge 
schehen kann; jedoch ist die Zerteilung einzelner Grundstücke möglichst zu 
vermeiden. 
Die Naturalteilung ist ausgeschlossen, wenn ein Beteiligter widerspricht 
und ein wichtiger, nach den Umständen des Falles den Widerspruch recht 
fertigender Grund vorliegt. Der Widerspruch ist insbesondere als begründet 
anzusehen: 
1. soweit die Veräufserung der Gegenstände zur Tilgung gemein 
schaftlicher Schulden erforderlich ist. 
2. wenn die zu bildenden Teile nach der Art oder dem Werte der 
einzelnen Gegenstände ungleich und die Widersprechenden an der Gemein 
schaft zu mehr als der Hälfte beteiligt sind.“ 
Insoweit nach den bestehenden Bestimmungen der freiwillige Verkauf 
von Immobilien gerichtlich stattfindet, erfolgt er gemäss § 25 des Gesetzes 
im Wege der öffentlichen Versteigerung durch einen hierzu bezeichneten Notar. 
Der Code bestimmt ferner: 
Art. 913. Freigebigkeiten, sei es durch Rechtsgeschäft unter Lebenden 
oder durch Testament, dürfen nicht übersteigen: die Hälfte des Vermögens 
des Verfügenden, wenn derselbe bei seinem Absterben nur ein eheliches 
Kind hinterlälst; ein Drittel, wenn er zwei Kinder hinterläfst; ein Viertel. 
wenn er deren drei oder mehr hinterlässt. 
Art. 915. Freigebigkeiten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder 
Testament dürfen nicht die Hälfte des Vermögens übersteigen, wenn der 
Verstorbene in Ermangelung von Kindern einen oder mehrere Aszendenten 
in beiden Linien, der väterlichen und der mütterlichen hinterläfst, und nicht 
drei Vierteile, wenn er nur Aszendenten in einer Linie hinterläfst. — Das 
auf diese Weise zum Vorteile der Aszendenten vorbehaltene Vermögen er 
halten dieselben in der Ordnung, in welcher das Gesetz sie zur Erbschaft 
beruft; sie haben allein ein Recht auf diesen Vorbehalt in allen Fällen, in 
welchen eine Teilung mit Seitenverwandten ihnen den Vermögensvorteil 
nicht verschaffen würde, auf welchen der Vorbehalt festgesetzt ist. 
Art. 916. In Ermangelung von Aszendenten und Nachkommen können 
die Freigebigkeiten durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder mittels Testa 
ments das ganze Vermögen erschöpfen. 
Art. 919. Der verfügbare Vermögensteil kann ganz oder zum Teil 
sowohl durch Rechtsgeschäft unter Lebenden als durch Testament an die 
Kinder des Schenkers oder an die anderen Erbberechtigten vergeben werden 
ohne dals er dem Rückbringen seitens des zur Erbschaft kommenden Schenk 
nehmers oder Vermächtnisnehmers unterliegt, vorausgesetzt nur, dass die 
Verfügung ausdrücklich als Vorempfang oder aufser dem Erbteile gemacht 
ist.  
Die Erklärung, dafs die Schenkung oder das Vermächtnis als Vor-
	        
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